Als Sprachwissenschaftlerin stolpert Susanne Zeilfelder immer wieder über komische Wörter...
virtuelle Realität
Was ist virtuelle Realität?
Oktober 2020
Virtuelle Realität ist, wenn ich ganz arglos in meinem Wohnzimmer sitze und mein Neffe plötzlich sagt: „Da sitzt fei ein Pokemon genau neben dir.“ - „Iiiih, mach’s weg!!!“
So ist sie nämlich, die virtuelle Realität, sie ist einfach da, und wenn man dann wissen will, wer das blöde Ding überhaupt reingelassen hat, dann will’s wieder keiner gewesen sein.
Das Wort kann übrigens nix dafür:
Virtuell (v. lat. virtus, Tugend, Tauglichkeit), im physikalischen Sprachgebrauch eine in der Möglichkeit vorhandene Eigenschaft, die unter gewissen Umständen in die Wirklichkeit zu treten vermag
Panini naturale
„Panini naturale“ oder Wer kriegt den letzten Spaghetto?
Januar 2018
In unserem beschaulichen thüringischen Universitätsstädtchen gibt es vorzügliche Bäckereien, nichts zu sagen. Und da steht man dann morgens halbwach und wartet, bis das durch die Maschine geröchelt ist, was mein germanistischer Kollege S. als "befleckte Milch" bezeichnet. Also der erste Latte macchiato des Tages, und wir machen hier jetzt keine blöden Latte-Witze mehr.
Da steht man nun als Sprachwissenschaftler, lässt den Blick schweifen und ... seufz. Hier gab es bis vor kurzem allen Ernstes etwas namens Topfenstrudel. Wie gesagt, bis vor kurzem, denn offensichtlich hat sich meine österreichische Oma inzwischen oft genug im Grab rumgedreht.
Infektionsschutz
Infektionsschutz im Puff
Oktober 2020
Ich hab’s kommen sehen, dafür gibt es Zeugen: In diesem unserem Kulturland macht man eher die Bordelle wieder auf als die Theater und Kinos. Logisch, im Puff ist ja der Infektionsschutz auch viel einfacher durchführbar, meint jedenfalls jetzt die Stadt Stuttgart, führt Maskenpflicht in der ganzen Innenstadt ein und lässt gleichzeit die Damen wieder arbeiten. Allerdings bleibt Gruppensex verboten, und selbstverständlich werden die Hygieneregeln auch im Gewerbe vom Ordnungsamt kontrolliert, claro, wir sind ja in Deutschland:
„Grissgott, Scheiffele on Linsemaier, Ordnungsamt Schtadd Schduddgard, machet Se noo weider - mir gucket bloss gschwend nochem Infektiooonsschutz!“
„ ... “
Der Lichtbildausweis
Wort des Monats: Der Lichtbildausweis
September 2017
Jeder Bahnfahrer kennt das: Früher oder später gerät man an einen Schaffner, Pardon: Zugbegleiter, dem langweilig ist. Und zwar nicht nur langweilig, sondern laaaaaaangweilig ... Dann sucht er sich eine sinnvolle Beschäftigung und kontrolliert bereits dreimal abgezwickte Fahrscheine nochmal ganz gründlich. Bei allen. Aber ganz gründlich. Dann studiert er die Bahncards, ebenfalls ganz gründlich. Also wirklich gründlich. Und wenn man dann an einen geraten ist, der Langeweile aber wirklich gar nicht aushält, verlangt er einen Lichtbildausweis.
[Man könnte hier eine Fußnote machen und darauf hinweisen, dass er das laut "Nutzungshinweisen" gar nicht darf, aber wer liest schon das Kleingedruckte?]
Naturgesetz No. 1: Das passiert nur an Tagen, wo man keinen dabeihat.
Gänsefüßchen
Rettet die Gänsefüßchen!
Februar 2019
Für die Bildqualität beim beigefügten Foto bitte ich vielmals um Entschuldigung – ich fotografiere normalerweise nicht, schon gar nicht mit dem Handy. Und außerdem musste ich so schrecklich lachen, dass ich es endgültig verwackelt habe. Also, da stand auf einem Zettel an der Tür zu Seminarraum 114:

Gluten
Glutééén
Juli 2018
Haben Sie auch Glutéhn? Das hat man jetzt. „Nicht-zöliakische Glutensensitivität“ heißt das jetzt, wenn man vom Eiweißkleber im Getreide Bauchgrummeln kriegt. Naja, jeder, wie er mag.
Was hingegen keine Geschmackssache ist, sind die lateinischen Betonungsregeln, die sind seit ungefähr zweieinhalbtausend Jahren bekannt. Weiß man einfach, nicht wahr, Marcel-Alexander, das habt ihr doch neulich in der Krabbelgruppe schon besprochen, gell? Im Lateinischen betont man ... na? Richtig. Nach der Paenultimaregel, genau. Und das bedeutet, na, Maibritt-Luise? Eben: Die vorletzte Silbe (Paenultima) wird betont, wenn sie lang ist, sonst die vorvorletzte (Antepaenultima). - Woraus logisch folgt, hm, Klaus-Friedrich? Daraus folgt, genau, dass es keine lateinischen Wörter gibt, die auf der allerletzten Silbe betont sind. Also wirklich gar keine. Kein einziges.
Einwurf überprüfen
Bitte überprüfen Sie Ihren Einwurf!
Mai 2018
Neulich war ich bei der Bank und wollte ein Überweisungsformular einwerfen. Doch, diese Formulare gibt’s noch - für schrullige Buchantiquariate oder wenn man bei der Stadtverwaltung Jena einen Strafzettel für Falschparken bezahlen muss (das geht Sie jetzt garnix an, was ich da bezahlt habe, und außerdem ist das eine andere Geschichte). Also, Formular ausgefüllt, und dann vorschriftsmäßig in die Box für die Überweisungen gesteckt. Und da steht dann also diese Inschrift auf der Box und mahnt mich mit Donnerhall:
BITTE ÜBERPRÜFEN SIE IHREN EINWURF!
Was möchte uns der Dichter damit sagen? Darüber grüble ich jetzt seit Tagen. Wie kann man denn einen Einwurf überprüfen? - Es sei denn natürlich, man ist Fußballschiedsrichter und der Videoassistent hat sich grade gemeldet.