‚Miniaturmuster‘ sind z.B. Aphorismen, Sprichwörter, Sentenzen, Fabeln, Exempla, Parabeln, Schwänke oder Witze, in denen Wissensbestände unmittelbar auf eine Kernaussage komprimiert werden.
Ziel des Projekts ist es, Miniaturmuster zu dem Konzept ‚Arbeit’ in ihrer Tradierung über Generationen oder Wanderung von einem Kulturraum zum anderen aufzuzeigen. Vordringliches Anliegen ist die Erhellung der an diese Muster gebundenen historischen Kognition und ihres Wandels in der Diachronie. Dafür werden kulturelle und v.a. politisch-soziale Begründungszusammenhänge aufgedeckt, d.h. Definitionen und Bewertungen von Arbeit (Sklaven-, bezahlte Erwerbsarbeit versus unbezahlte regenerative Tätigkeit usw.). Von aktueller Relevanz ist das Projekt insbesondere vor dem Hintergrund der Arbeitsmigration innerhalb Europas, da etwa Vorurteile v.a. durch Witze verbreitet werden. Ein Aufzeigen soziokultureller Hintergründe der Muster könnte für Politiker, in der politischen Bildung Tätige sowie für Lehrer und Journalisten relevant sein.
Die Forschung zu Miniaturmustern findet bislang auf unterschiedlichen Feldern statt: in Sprichwortforschung von Literaturwissenschaft und Volkskunde, in historischer Phraseologie, Diskursanalyse, Soziologie, Metaphern- oder Märchenforschung, Rhetorik und Stilistik sowie auf dem Gebiet der historischen Kognition. Das Vorhaben knüpft an diese Forschungen an, geht aber in der Auswahl des Untersuchungsmaterials, in der Sprachauswahl, durch die Beleuchtung der Etymologie sowie durch die Verbindung mit soziokulturellen Fragestellungen über sie hinaus. Geographisch reicht die Erfassung bis in die Kaukasus-Region und nach Anatolien, um so die kulturell vorherrschende Einschränkung auf West- oder Mitteleuropa zu vermeiden.
Am Beginn der Arbeit steht eine Analyse des Konzepts „Arbeit“ (Wortfeld, Metaphern, historische Entwicklung etc.). In der folgenden Bearbeitung der zugehörigen Miniaturmuster wird chronologisch nach deren Aufkommen vorgegangen. Es werden Sprichwort-, Witz- und Zitat-Sammlungen, Fabeln, Wörterbücher u.a. ausgewertet. Daran schließen sich kognitiv-linguistisch-philologische und kulturgeschichtlich-soziologische Analysen der Muster an. Über ein Netzwerk von Muttersprachlern werden Äquivalente in ausgewählten Sprachen Europas ermittelt und analysiert (Varianten, Konnotationen, kultureller und soziologischer Hintergrund etc.). Sodann wird die Entstehung und Wanderung der Muster nachgezeichnet, und es werden die ermittelten kongnitiven Einheiten, die mit ihnen verbunden sind, diachron verglichen, wobei Gründe für einen möglichen Konzeptwandel aufgezeigt werden.