Becken
Becken „Wasserschüssel, Wasserbecken“ ist schon im
Althochdeutschen als beckîn, beckî st. n. (a-St.) auch in der allgemeineren Bedeutung
„Gefäß“ bezeugt und glossiert lat. baccin(i)um „Gefäß“, buccularis
„Kochtopf“, concha „Muschel, Muschelschale“, labrum „Gefäßrand“, pelvis
„Becken, Schüssel“; vgl. AhdWb s.v. – Mhd. ein becke von golde an
einer ûʒ silber geslagenen ketene „Ein Becken aus Gold an einer aus Silber
geschlagenen Kette“ (Hartmann von Aue, Iwein (um 1200), nach BMZ s.v.) –
Frnhd.
schalen,
schüssel, becken, leffel und pfannen von lauterm golde. (Lutherbibel, 1 Kön. 7, 50). Ab dem
Mittelhochdeutschen lautet die Form becke(n)
n. Das Wort hat Entsprechungen in anderen westgermanischen Sprachen: as. bekkin, mndd. becken, mndl. beckijn, becken, -in,
nndl. bekken, afries. bekken. Es
handelt sich wohl um ein Lehnwort aus mlat. bac(c)īnum
„Wasserbecken“, das in frz. bassin „Becken“ fortlebt und im
17. Jh. in jüngerer Lautform in der Bedeutung „größeres
Wasserbecken“ nochmals ins Deutsche entlehnt wurde (EWA I. 508 ff.). Ahd. beckî(n) und die anderen
westgermanischen Formen sind Deminutive eines innerhalb der germanischen Sprachen
nur im Neuniederländischen und Neuenglischen bezeugten Wortes nndl. bak m. „Trog, Becken, Napf“, nengl. bac(k) „hölzerne Schüssel; Braugefäß“,
die Entlehnungen aus frz. bac m.
„Trog, Bottich, Kasten“ (< lat. *baccus m., neben frz. bâche f. „Wasserreservoir, Behälter;
Wagenplane“ < lat. *bacca f. „(Wasser‑) Behälter“;
vgl. spätlat. bacca „Sarg“; Paulus ex Festo (8. Jh.) kennt ein Wort
bacar „Weingefäß“, ferner sind lat.
Glossenbelege von bacarium
„Wassergefäß“ bezeugt (vgl. Georges s.v. und de Vaan 2008: 67). Die
mittellateinische Nebenform bicarium
zu bacarium „Wassergefäß“ wurde ins
Deutsche als Becher (siehe dort) entlehnt.
Ebenfalls aus lat. bacarium entlehnt
sind die beiden altirischen Glossenbelege bacur
und bachar „Trog“ (DIL s.v.) sind. Im
Allgemeinen wird für die erschlossenen lateinischen Wörter keltischer Ursprung
angenommen; doch gibt es keinerlei Belege aus den keltischen Sprachen. Die
Etymologie bleibt daher unklar. Denkbar wäre eine vorurgermanische
Form *bheg(h)-én-/ón-/n´-, bei der
das *‑n des Suffixes den Auslaut der Wurzel geminiert hat, zu diesem Lautgesetz vgl. Lühr 1988:
191 f., zahlreiche Beispiele für dieses Lautgesetz bei Lühr 1988 passim. Die
Wurzel wäre dann womöglich die gleiche wie bei Bank. Aufgrund
seiner Form bezeichnet Becken auch das „Schlaginstrument aus
zwei flachgewölbten Metallscheiben“ (frühester Beleg beim „König vom Odenwald“, Vom
mangelnden Hausrat (um 1300 bzw.
Anfang 14. Jh.), vgl. Schröder 1934). Erst im
Älteren Neuhochdeutschen
sind die Bedeutungen „Mulde, Vertiefung in der Erdoberfläche“, die „schalenförmig
vertieften Hüftknochen mit der Lendenwirbelsäule“ und den „eingefassten,
ausgemauerten Wasserbehälter“ (Wasser-, Schwimmbecken) belegt (Vgl. DWb s.v.).
Literatur:
AhdWb = Karg-Gasterstädt, Elisabeth u.a. 1952–: Althochdeutsches
Wörterbuch. Auf Grund der von Elias von Steinmeyer hinterlassenen
Sammlungen im Auftr. der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu
Leipzig bearb. von Elisabeth Karg-Gasterstädt und Theodor Frings. Bd.
1–. Berlin: Akad.-Verl.
De Vaan, Michiel 2008: Etymological Dictionary of Latin and the other Italic Languages. Leiden, Boston: Brill. (Leiden Indo-European Etymological Dictionary Series 7).
DIL = Dictionary of the Irish Language. Electronic version: http://www.dil.ie/.
DWb = Grimm, Jacob/Grimm, Wilhelm 1854–1954: Deutsches Wörterbuch.
Bd. 1–16 (und Quellenverzeichnis, 1971). Leipzig: Hirzel. (Nachdruck
der Erstausgabe 1999: Bd. 1–33) München: Deutscher Taschenbuch-Verlag.
Auch als CD-ROM 2004: Der digitale Grimm. Frankfurt am Main:
Zweitausendeins. Auch unter: www.woerterbuchnetz.de.
EWA = Lloyd, Albert L./Lühr, Rosemarie 1988–: Etymologisches Wörterbuch des Althochdeutschen. Bd. 1–. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Georges = Georges, Karl Ernst: Lateinisch-deutsches Handwörterbuch.
Bd. I 1837; Bd. II 1838. Leipzig: Hahn’sche Verlagsbuchhandlung.
Elektronische Edition. Berlin: Directmedia Publ. (Digitale Bibliothek
69).
Lühr, Rosemarie 1988: Expressivität und Lautgesetz im Germanischen. Monographien zur Sprachwissenschaft 15. Heidelberg: Winter.
Schröder, Edward 1934: „Vom mangelnden Hausrat. Ein Gedicht des Königs vom Odenwald“. ZfdA 71, 1934, 107-114.
Autorin: Sabine Ziegler