Etymology

Gebärmutter

Gebärmutter, Bärmutter
Ahd. muoter f. „Mutter; Gebärmutter“, mhd. muoter „Mutter; Gebärmutter“, spätmhd. frnhd. bermuoter „Gebärmutter“, änhd. Bärmutter, Gebärmutter f. „Gebärmutter, Uterus“.
Die ahd. und mhd. Nebenbedeutung „Gebärmutter“ des Wortes für „Mutter“ ist eine Bedeutungserweiterung durch Einfluss von lat. matrix „Gebärmutter“. Im Spätmittelhochdeutschen wird das Wort durch das verbale Vorderglied ber- zum Verbum mhd. beran „tragen, heben“ desambiguiert, das schon im Althochdeutschen einen deutlichen Bezug zum schwangeren Leib hatte, vgl. z.B. Isidor 5,3 fona dhemu berandin hreue = de uulua „aus dem tragenden Leib, aus der Gebärmutter“. Auch das ahd. Nomen agentis birid n./m. a-St. „Gebärer, Gebärmutter“ beruht auf diesem Verbum (EWA 1998: 96f.). In einer Glosse aus dem 12.Jh. ist außerdem ein giburtmuoter f. bezeugt, das sich jedoch nicht durchgesetzt hat (EWA 1998: 226).
Im Rahmen der frühneuzeitlichen Medizin war die Bedeutung des Wortes bermuoter allerdings immer noch unscharf und wurde auch als Krankheitsbezeichnung für den mit dem Geburtsschmerz vergleichbaren Kolikschmerz (auch von Männern) oder für Menstruationskrämpfe verwendet. Im Volksglauben herrschte lange die Ansicht, dass sich die Organe, und eben besonders die Gebärmutter, im Körper bewegten und dass der Schmerz durch diese Organbewegung verursacht sei. Dabei dachte man sich die Gebärmutter als ein maus- oder krötenartiges Tier, was sich in zahlreichen volkstümlichen Votivbildern in Form einer Kröte niederschlug, die ebenfalls als Bärmutter bezeichnet wurden (Bächtold-Stäubli 1993: 339ff. und 634). Erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts kam in der medizinischen Fachliteratur allmählich die verdeutlichende Neubildung Gebärmutter mit Anklang an gebären auf (Pfeifer 1993: 405; Hyrtl 1884: 17), durch die die Bezeichnung für den Uterus von der für die Unterleibskolik unterschieden wurde, doch hält sich daneben Bärmutter umgangssprachlich bis ins 19.Jh. (Osman 1994: 42).

Bächtold-Stäubli 1993: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, 3. Auflage Berlin/Leipzig: de Gruyter [Reprint Berlin: de Gruyter, 2000].
EWA 1998: Albert L. Lloyd/Rosemarie Lühr, Etymologisches Wörterbuch des Althochdeutschen, Band II: bî - ezzo, Göttingen/Zürich: Vandenhoeck & Ruprecht.
Hyrtl 1884: Joseph Hyrtl, Die alten deutschen Kunstworte der Anatomie, Wien: Braunmüller.
Osman 1994: Nabil Osman, Kleines Lexikon untergegangener Wörter, München: C.H. Beck.
Pfeifer 1993: Wolfgang Pfeifer, Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 2. Auflage, Berlin: Akademie-Verlag.