Etymology

Gericht2

Gericht n. „öffentliche Institution, die vom Staat mit der Rechtsprechung betraut ist, Verstöße gegen Gesetze bestraft und Streitigkeiten schlichtet“, „Gebäude, in dem die Institution Gericht bzw. ihre Vertreter arbeiten“ ist bereits in ahd. girihti st.n. mit der Be­deutung „Urteil, Regel, Richtschnur, Satzung, Ratschluss; Gericht (bestimmte Personen als Institution)“ belegt und bezeichnet somit die Rechtsprechung sowie die damit betraute Institution, nicht aber das Gebäude. Mhd. gerihte n. dagegen bedeutet „Urteilsspruch; Richteramt; Gericht (bestimmte Personen als Institution)“, aber auch „Verwaltung des Reiches, königliche Gewalt“. In einigen Belegen bezeichnet mhd. gerihte den „Gerichtsbezirk, Gerichtssprengel“. Die Übertragung auf den Ort der Rechts­sprechung ist erst in frühneuhochdeutscher Zeit nachweisbar und häufig nicht klar von der Bedeutung „Angehörige des Gerichts“ zu trennen, vgl. etwa nun bitt er und begert eins rechten, ap er das gezeugt mit dem erbhern und mit dem gericht (Zwickau, um 1540). Aufgrund der syntaktisch gleichwertigen Präpositionalausdrücke mit dem Erbherrn und mit dem Gericht dürfte gericht hier die Personen bezeichnen. In dem Beleg wan verkünts brieff an die gerichts thoer […] angeschlagen werde (Beleg von 1509) ist dagegen eindeutig das Gericht als Ort gemeint. Zu ahd. girihti gehören noch mndl. gherechte, gherichte „Recht, Urteil, Gerichtssitzung“, nndl. gerecht, gericht „Gericht, Gerichtsgebäude, Gerichtssitzung, Urteil“, aengl. gerihte „Recht, Pflicht, Got­tesdienst, gerade Richtung“. Zur Etymologie vgl. Recht.

Literatur:
Goebel, Ulrich/Reichmann, Oskar 1986–: Frühneuhochdeutsches Wörterbuch. Begr. von Robert R. Anderson, Ulrich Goebel, Oskar Reichmann. Bd. 1–. Berlin u.a.: de Gruyter.
Grimm, Jacob/Grimm, Wilhelm 1854–1954: Deutsches Wörterbuch. Bd. 1–16 (und Quellenverzeichnis, 1971). Leipzig: Hirzel. (Nachdruck der Erstausgabe 1999: Bd. 1–33) München: Deutscher Taschenbuch-Verlag. Auch als CD-ROM 2004: Der digitale Grimm. Frankfurt am Main: Zweitausendeins. Auch unter: www.woerterbuchnetz.de.
Pfeifer, Wolfgang (Hg.) 1993: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2 Bde. 2., durchges. u. erg. Aufl. Berlin: Akad. Verl.
 
Autorin: Sabine Ziegler