Honig
Ahd. honag n., mhd. honec, honic n., frnhd. honig, hönig n./m., änhd. Honig n./m., nhd. Honig m. geht mit as. honeg, huneg, haneg stm., afries. hunig m., ae. hunig n. u.a. auf germ. *χunaǥa- zurück. Dagegen könnten aisl. hunang mit den modernen skandinavischen Entsprechungen, z.B. norw. huning < ein urgerm. *χunanǥa- voraussetzen (EWA 2009: 1126). Es ist allerdings auch möglich, dass die nordischen Formen auf sekundärer Nasalierung beruhen. Das aus dem Nordgermanischen entlehnte finn. hunaja < *hunaγa- liefert keine Entscheidungshilfe, weil der Zeitraum der Entlehnung nicht feststeht (Einzelheiten bei EW 2009: 1126 und Schaffner 2005: 223).
Das Genus des Wortes schwankt im Deutschen lange Zeit. Die ersten maskulinen Formen sind im Frühneuhochdeutschen bezeugt, vollständigverschwindet das Neutrum aber erst im späten 18.Jh. (Pfeifer 1993: 554).
Für die weitere etymologische Verknüpfung hat man ai. kanaka- "Gold", kāñcana- "golden", griech. dor. κνακός [knakós], ion. κνηκός [knêkós] "gelblich, fahlgrau", griech. κνῆκος [knếkos] f. "Saflor, Färberdistel, Carthamus tinctorius", lat. canicae f.Pl. "eine minderwertige Kleieart", apreuss. cucan "braun" beigezogen. Der Honig ist also dann nach der Farbe benannt.
Gegen diese Verknüpfung sind auch Einwände erhoben worden, die sich allerdings beseitigen lassen. So hat Kluge/Seebold 2011: 242 Bedenken, ob sich die unterschiedlichen Bedeutungen der Fortsetzer tatsächlich zusammenbringen lassen. Aber die Farbe des Honigs ist durchaus ein salientes Merkmal, wie vergleichende Bildungen wie honiggelb und honigbraun (beide schon frnhd. bezeugt) zeigen, und so kann der Bezeichnung durchaus ein Farbadjektiv zugrunde liegen (so auch EWA 2009: 1127). Ferner hat Schlerath 1993: 189 auf die schwierigen Ablautverhältnisse hingewiesen, die jedoch von Schaffner (Schaffner 2001: 371 und 2005: 222f. sowie das Referat in EWA 2009: 1127f.) geklärt werden konnten: griech. dor. κνακός [knakós], ion. κνηκός [knêkós] und wohl auch apreuss. cucan gehen auf idg. *kh2-kó- zurück, griech. κνῆκος [knếkos] beruht auf innergriechischer Akzentverschiebung, mit der die Substantivierung angezeigt wird. Lat. canicae < *k'-keh2- geht ebenfalls auf oppositive Akzentrückziehung zurück, die allerdings schon grundsprachlich sein wird (EWA2009: 1128).
Fragen könnte man sich allerdings, warum im Germanischen das Erbwort idg. *médhu- verdrängt wurde. Es ist aber möglich, dass dieses Wort schon früh die Bedeutung "Met, Honigwein" hatte (zur Bedeutung vgl. NIL 2008:536), so dass für den Honig eine neue Bezeichnung benötigt wurde.
Lit.
EWA 2009: Albert L. Lloyd/Rosemarie Lühr, Etymologisches Wörterbuch des Althochdeutschen Band IV: gâba - hylare, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Kluge/Seebold 2011: Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, bearbeitet von Elmar Seebold, 25. Auflage, Berlin: de Gruyter.
NIL 2008: Dagmar S. Wodtko, Britta Irslinger, Carolin Schneider, Nomina im indogermanischen Lexikon, Heidelberg: Winter.
Pfeifer 1993: Wolfgang Pfeifer, Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 2. Auflage, Berlin: Akademie-Verlag.
Schlerath 1993: Bernfried Schlerath, "Über Etymologie im allgemeinen und über den Honig", in: Wahrnehmungen im poetischen All. Festschrift für Alfred Behrmann, hg. von Klaus Detering, Heidelberg: Winter, 187-193.