Klage2
Klage f. „bei Gericht vorgebrachte
Beschwerde und das Geltendmachen dieses Anspruchs durch ein gerichtliches
Verfahren“ mit Anklage „Beschuldigung vor Gericht; Vorwurf“ (ab frnhd.),
Ankläger m. (ab mhd. anklager), Kläger m. (ahd. klagāri,
mhd. klager, kleger) und Angeklagter „vor Gericht eines Verbrechens oder
Vergehens Beschuldigter, Kläger „Person, Institution, Firma o.ä., die (im
Zivilprozess) Klage führt“ (1653) ist bereits seit dem 9. Jh. auch in der rechtssprachlichen
Bedeutung bezeugt: Ahd. klaga f. ō-St. „Klage, Jammer;
Beschwerde“ (asächs. klaga f., mndd. klāge f., mndl. clage
und afries. klage, klāch „Klage, Anklage“) < urgerman. *klaǥō‑. Das uridg. Transponat *glogh-eh2-
oder *gloĝh-eh2- liegt evtl. auch in aind. gh-
„klagen“ (z.B. ghate 3.Pl.Ind.Prs. Med.) und av. gərəz- „dss.“ vor. LIV²:
187 und Kroonen 2013: 290 rekonstruieren
aufgrund der indoiran. Belege *g()eRĝh- oder
(LIV²: 187 Anm. 1) *g(h)eRĝh-. Sollten das
Germanische dazugehören, so ist die Form *g(h)eRĝh-
nicht möglich. Sollte das Altirische dazugehören, ist der Ansatz in *geRĝh-
zu verbessern. Ein Problem bleibt dabei die Ablautstufe garh‑ in der einmal
bezeugten rigvedischen Konjunktivform garhase 2.Sg.Konj.Prs.Akt., doch
sind solche Konjunktivbildungen von einer sonst nur schwundstufig vorliegenden
Wurzel als forma facilior und somit nicht als eindeutiger Beweis für
eine Ablautstufe I einzuordnen, da sie nach dem Muster zahlreicher anderer
Verben aus der Schwundstufe mit der Ablautstufe I produktiv bildbar sind. Für
die genaue Ablautstufe kann nun das Keltische beitragen: Ein möglicher Fortsetzer
der Ablautstufe II *gle/o⁽ĝ⁾h-,
die die westgermanischen Belege aufweisen, liegt in air. glegrach Adj. „laut,
lärmend, klagend, jammernd“ < urir. *gleg-Vr-āko- (einer Ableitung
mit dem häufigen und produktiven Suffix -āko- von einem nicht bezeugten
Stamm urir. *glegar- < uridg. Transponat *gle/o⁽ĝ⁾h--) und gloimm
n, ntr. „Lärm, Klage, Gejammer“ < urir. *glog-smen- vor. Aus
diesen Belegen lässt sich eine uridg. Wurzel *gleĝh- mit der
Bedeutung „klagen, jammern“ rekonstruieren.
Literatur:
Dictionary of the Irish Language. Electronic version: http://www.dil.ie/.
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Auch als CD-ROM 2004: Der digitale Grimm. Frankfurt am Main:
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Mittelhochdeutsches Wörterbuch.
Mit Benutzung des Nachlasses von Georg Friedrich Benecke ausgearbeitet
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Online auch unter http://woerterbuchnetz.de/BMZ/
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Unter Leitung von Helmut Rix und der Mitarbeit vieler anderer bearb.
von Martin Kümmel, Thomas Zehnder, Reiner Lipp, Brigitte Schirmer. 2.,
erw. und verb. Aufl., bearb. von Martin Kümmel und Helmut Rix.
Wiesbaden: Reichert.
Autorin: Sabine Ziegler