Kriminalität
Kriminalität f. 1. „das
Sich-strafbar-Machen, Straffälligwerden; Straffälligkeit“, 2. „Gesamtheit der
vorkommenden Straftaten“, Krimineller „Verbrecher, Bandit“, kriminell
„verbrecherisch; strafbar“, in der älteren Form criminal „verbrecherisch“. Die frühesten Belege dieser Wortsippe sind das Kompositum
Criminalklag und das Adjektiv criminalisch, beide aus dem 16. Jh. Die Belege mit -al- stammen direkt aus lat. crīminālis
„ein Verbrechen betreffend, kriminell“, die jüngeren Belege mit -ell aus
frz. criminel „verbrecherisch“. Die Wörter haben bereits im Lateinischen
eine rechtssprachliche Bedeutung erhalten, die sich bis heute nicht verändert
hat. Die Basis bildet lat. crīmen, crīminis n. „Anklage,
Beschuldigung; Verbrechen, Schuld“ (etwa aus *„Absonderung“), eine Ableitung
von lat. cernere „sichten, wahrnehmen; unterscheiden, deutlich machen“
(< uridg. *kreh1()- „absondern, trennen; sieben“, auch
in griech. krnō „trennen, scheiden; unterscheiden“, kymr. go-gryn
„sieben“, aksl. krojǫ, kroiti „zuschneiden“ und lett. kreju,
kriet „(Rahm) abschöpfen“). Eine dem Lateinischen vergleichbare rechtssprachliche
Bedeutungsentwicklung zeigt die Wurzel in air. caire ā, f.
„Verbrechen, Schuld, Sünde“ und kymr. caredd f. „Verfehlung, Sünde,
Verbrechen“ < uridg. Transponat *kh1(i)-eh2-
*„das Trennen, Absondern“. Eine semantische Parallele liegt in air. bét u,
m. „Verbrechen; Unglück“ < uridg. Transponat *bhed-tu- „Spaltung, Abbruch“ vor, das zur uridg. Wurzel *bhed- „spalten“ (LIV²:
70f.) gehört. Air. bét ist nur einmal mit
frühnir. gniomh „Tat“ in O’Clery’s
Irish Glossary wiedergegeben. Im Alt- und Mittelirischen bezeichnet es immer
ein Verbrechen oder Unglück (DIL s.v. bét). Benennungsmotiv im Lateinischen und Keltischen ist also
entweder die Absonderung der Verbrecher vom üblichen moralischen und gesellschaftlich
vorgeschriebenen Verhalten oder sogar – angesichts von dt. Abschaum „übelste, minderwertigste Gruppe von Menschen in einer Gesellschaft“ und Bodensatz
(der Gesellschaft) „kriminelle Menschen“ – eine metaphorische Übertragung
von konkretem *„(wertloses) Abgeschöpftes, Abgesondertes“ auf die aus
gesellschaftlicher Sicht wertlosen und verbrecherischen Menschen.
Literatur:
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Auch als CD-ROM 2004: Der digitale Grimm. Frankfurt am Main:
Zweitausendeins. Auch unter: www.woerterbuchnetz.de.
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Unter Leitung von Helmut Rix und der Mitarbeit vieler anderer bearb.
von Martin Kümmel, Thomas Zehnder, Reiner Lipp, Brigitte Schirmer. 2.,
erw. und verb. Aufl., bearb. von Martin Kümmel und Helmut Rix.
Wiesbaden: Reichert.
Vasmer, Max 1953–1958: Russisches etymologisches Wörterbuch. 3 Bände. Heidelberg: Winter.
Autorin: Sabine Ziegler