Etymology

Saft

Nhd. Saft, ahd. saf, sapf n., mhd. saf, saft n./m., mndl. sap, ae. sæp gehen auf ein gemeinsames westgerm. Paradigma *saƀan-, *sappa, *sapa- zurück (Lühr 1988: 249; Kluge/Seebold 2011: 781 setzt dagegen ohne Begründung eine Vorform *sapi- m. und als Basis für aisl. safi "Baumsaft" einen n-Stamm an). Das epenthetische -t tritt seit dem 14.Jh. auf und setzt sich im 16.Jh. endgültig durch. Das zunächst neutrale Genus wird im 16.Jh. durch das Maskulinum ersetzt.
Die weitere Verknüpfung ist schwierig. Duden 2013: 712 verknüpft das Wort mit lat. sapa "Most", ohne darauf hinzuweisen, dass das lat. Wort auf ein *-p-, das germanische aber auf ein *-b- zurückgeht. Pfeifer 1993: 1156 rekonstruierte eine Wurzel idg. *sab- in ai. sabardhúh-, einem nicht genau zu deutenden Namen oder Epitheton einer Milchkuh, und betrachtet diese Wurzel als Variante von idg. *sap- "schmecken", wozu aisl. safi "Baumsaft", lat. sapa "Most", lat. sapere "schmecken", armen. ham "Saft, Geschmack" < vorurarm. *sapmo - gehören. De Vaan 2008: 538 führt für das Indoiranische zusätzlich noch ein aav. Adjektiv hә̄buuaṇt- < *sab-ṷant- an, für das die Bedeutung "saftig" allerdings ebenfalls nicht ganz sicher ist.
Nun muss man zunächst einmal darauf hinweisen, dass das seit Cato bezeugte lat. sapa nicht "Most", sondern "vine boiled down to a proportion of its original volume" (de Vaan 2008: 538) bedeutet, also eine Art eingedickten Wein. Es handelt sich demnach um einen landwirtschaftlichen Fachterminus, der durchaus auch entlehnt sein kann. Diese Verknüpfung ist daher wenig belastbar. Zweitens muss man darauf hinweisen, dass die Annahme von "Lautvarianten" methodisch unzulässig ist. Die Verknüpfung der ohnehin unsicheren iir. Wörter an die grundsprachliche Wurzel *sap- < *seh1p- ist daher problematisch. Und zum dritten scheint die Bedeutung "Saft" für armen. ham aus der Etymologie eingedeutet zu sein; philologisch nachweisbar ist lediglich die Bedeutung "Geschmack". Das Wort lässt sich daher zwar an die Wurzel idg. *seh1p- anschließen, hilft aber bei der Deutung der semantischen Entwicklung von "Saft" nicht unmittelbar weiter.
Semantisch erfordert der Anschluss an idg. *sap- < *seh1p- zunächst die Annahme einer sehr frühen, vorurgerm. Metapher, da die Bedeutung "schmecken" lediglich durch lat. sapere und im nominalen Bereich durch armen. ham "Geschmack" nahegelegt wird, während die germ. Fortsetzer as. biseffe "bemerken", ahd. int-seffen ds. ebenso wie osk. sipus "wissend" nur auf "bemerken, wahrnehmen" führen (LIV 1998: 470). Es ist aber natürlich nicht ausgeschlossen, dass sich die ältere, konkrete Bedeutung auch im Germanischen im nominalen Bereich erhalten hat. Wenn nun der Pflanzensaft danach benannt ist, dass er genießbar ist und schmeckt, so liegt eine typische nutzerorientierte Benennung vor.

Literatur
Duden 2013: Duden, Band 7: Das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache von der Dudenredaktion, 5. Auflage, Mannheim: Bibliographisches Institut.
Kluge/Seebold 2011: Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, bearbeitet von Elmar Seebold, 25. Auflage, Berlin: de Gruyter.
LIV 1998: Helmut Rix u.a., Lexikon der indogermanischen Verben. Die Wurzeln und ihre Primärstammbildungen, Wiesbaden: Reichert Verlag.
Lühr 1988: Rosemarie Lühr, Expressivität und Lautgesetze im Germanischen, Heidelberg: Winter.
Pfeifer 1993: Wolfgang Pfeifer, Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 2. Auflage, Berlin: Akademie-Verlag.
de Vaan 2008: Michiel de Vaan, Etymological dictionary of Latin and the other Italic languages, Leiden: Brill.