Anwalt
Anwalt m. „bevollmächtigter Rechtsvertreter“ sowie
Staatsanwalt (ab 19. Jh.) „Jurist, der die Interessen des Staates
wahrnimmt, Ankläger in Strafverfahren“ und Rechtsanwalt (ab 19. Jh.) „Jurist mit staatlicher Zulassung als
Berater und Vertreter in Rechtsangelegenheiten“ sind bereits seit althochdeutscher Zeit bezeugt: ahd. anawalto, mhd.
anwalte, frnhd. anwaldt, anwalt und aengl. onwealda
sind Nomina agentis *„der die Gewalt hat, Bevollmächtigter, Befehlshaber“ zu
einem Subst. ahd. anawalt, aengl. onweald f. (i-St.)
„Macht, Gewalt“ (EWA I: 238). Zugrunde liegt das Verb dt. walten „gebieten, herrschen; wirken“,
das mit got. waldan, anord. valda, aengl. wealdan, afries.
walda aus urgerman. *wald-e/a- st.v. < uridg. *u̯elH-dhe-
„Gewalt haben“ stammt. Uridg. *u̯elH-dhe- ist entweder eine dh-Erweiterung
der Wurzel 1. *u̯elH- „stark sein, Gewalt haben“ (LIV²: 676f) oder es setzt eine selbständige Wurzel uridg. *Hu̯eldh- „groß/stark
werden“ fort (LIV²: 677 Anm. 3a, LIV²: 228 und Kümmel
2000: 472f.). Die gleiche Bildung ist in lit. veldė´ti „besitzen, herrschen“ und
aksl. vlasti „herrschen“ bezeugt. Kroonen 2013: 569 spezifiziert die Laryngale als *h2elh1- wegen
heth. hullanzi „schlägt, trifft“.
Literatur:
EWA = Lloyd, Albert L./Lühr, Rosemarie 1988–: Etymologisches Wörterbuch des Althochdeutschen. Bd. 1–. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Kroonen, Guus 2013: Etymological Dictionary of Proto-Germanic, Leiden-Boston: Brill.
Kümmel, Martin Joachim 2000: Das
Perfekt im Indoiranischen. Eine Untersuchung der Form und Funktion einer
ererbten Kategorie des Verbums und ihrer Entwicklung in den
altindoiranischen Sprachen. Wiesbaden: Reichert.
LIV2: = Rix, Helmut/Kümmel, Martin 2001: Lexikon der indogermanischen Verben: LIV; die Wurzeln und ihre Primärstammbildungen.
Unter Leitung von Helmut Rix und der Mitarbeit vieler anderer bearb.
von Martin Kümmel, Thomas Zehnder, Reiner Lipp, Brigitte Schirmer. 2.,
erw. und verb. Aufl., bearb. von Martin Kümmel und Helmut Rix.
Wiesbaden: Reichert.
Autorin: Sabine Ziegler