Einung
Das heute veraltete und nur noch selten im Süddeutschen bezeugte Einung (vgl. OWID s.v.), ein Nomen actionis oder Nomen
rei actae „Vereinigung“ mit dem Suffix ‑ung
< ahd. ‑unga, ist seit dem 9. Jh.
belegt: ahd. einunga st. f. (ō-St.)
„Vereinigung; Verschwörung; Beratung, Beschluss; Vertrag; Einheit“, eine
Ableitung von dem Verb ahd. einōn „übereinkommen,
beschließen“ (9. Jh.), das wiederum von ahd. ein, der Kardinalzahl „eins“ (uridg. *h1ói̯n-) (belegt seit dem 8. Jh.) abgeleitet ist und
so eigentlich *„zu einem machen“ bedeutet. Das Benennungsmotiv ist somit die Vereinigung auf
einer gemeinsamen Basis und/oder zu einem gemeinsamen Zweck (vgl. auch Verein, Vereinigung, Union). Eine hyponymische Einengung von Einung auf Berufsvereinigungen erfolgte indessen
nie. Auch ein Beleg wie mhd. daz weder die
mullner noch pfisteren kein einunge
noch endhein geselleschaft mit eiden noch âne eiden iemer gemachen sulen über die
sache
(zürich. richtebr. 76, BMZ s.v. geselleschaft) „dass weder die
Müller noch Bäcker eine Einung oder eine Gesellschaft mit Eiden oder ohne Eide jemals
in dieser Sache machen sollen“ erweist nur den Gebrauch als Hyperonym „Vereinigung“. Ebenso deuten Verbindungen mit Gilde oder Zunft als Kohyponyme nicht notwendig auf eine Bedeutung „Berufsvereinigung“,
dienen sie im Kontext doch oft nur zur Verdeutlichung der Hyperonyme lat. societas oder dt. Bruderschaft, vgl. societasque
… dicitur eninge vel gelde (1219 GoslarUB. I S. 411, DRW s.v. Einung) „und societas heißt
Einung oder Gilde“ oder broderschoppe … geheten
eninge edder gelden (1290 GoslarUB. II 396, DRW s.v. Einung) „Bruderschaft heißt Einung oder Gilde“. Den
semantischen Wandel von „Vereinigung“ zum Hyponym „Berufsvereinigung“ könnte dabei
auch die Spezialisierung als Rechtsterminus mit den Bedeutungen „Gesetz; Gericht;
Buße“ verhindert haben, vgl. schon ahd. tiu
einunga
hiez senatus consultum
(um 1000 Notker
I 31, DRW s.v. Einung) „die Einung hieß
senatus consultum“.
BMZ: Benecke, Georg Friedrich 1854–1861: Mittelhochdeutsches Wörterbuch.
Ausgearbeitet von W. Müller und F. Zarncke. 3 Bde. Leipzig: Hirzel. Auch in: Burch,
Thomas/Fournier,
Johannes/Gärtner,
Kurt
(Hgg.) 2002: Mittelhochdeutsche Wörterbücher im Verbund: CD-ROM und Begleitbuch. Stuttgart: Hirzel, 2002. Auch
unter: www.woerterbuchnetz.de.
DRW: Deutsches Rechtswörterbuch. http://drw-www.adw.uni-heidelberg.de/drw/.
Lloyd, Albert L./Lühr, Rosemarie 1988–: Etymologisches Wörterbuch des
Althochdeutschen. Bd. 1–. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, s.vv. ein, einôn, einunga.
OWID: Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch. www.owid.de.
Autorin: Bettina Bock