Etymologie

Fahrstuhl

Die Bezeichnung Fahrstuhl m. „Aufzug“ ist seit dem 17. Jh. belegt. Das Wort ist ein De­terminativkompositum aus verbalem Vorderglied und nominalem Hinterglied mit der Grund­bedeutung „ein Stuhl, der fährt“. Neben Fahrstuhl war anfänglich auch Fahrsessel m. gebräuchlich; Adelung führt beide Wörter s.v. Fahrsessel an. Neben dem Gebrauch am Bau war der Einsatz in Bergwerken und in der Kriegsbaukunst von Bedeutung für die Entwicklung von Fortbewegungsmitteln in der Vertikalen. Im 19. Jh. erfolgte die Über­tragung des Wortes auf den elektrischen Aufzug. Ausgangspunkt (und damit Be­nen­nungsmotiv) für den Fahrstuhl (wie für den Fahrsessel) sind schwebende Sitz­gelegenheiten, z.B. für Dachdecker. Das Vorderglied fahren setzt ahd. faran „fahren, rei­sen, ziehen, fliegen, fließen, gelangen, vergehen“ (8. Jh.) fort. Zusammen mit Entspre­chun­gen in anderen germanischen Sprachen geht es auf urgerman. *faran- zurück. Dazu­gestellt werden gr. poreúō „trage, bringe“, Medium poreúomai „gehe, reise“, ferner das De­nominativum lat. portāre „tragen, führen, bringen“ sowie ai. píparti „führt hinüber, setzt über, rettet, schützt, übertrifft“, ksl. ‑prati „zerschneiden, auftrenne“ und andere. Alle diese Verben basieren auf uridg. *per- „hindurchkommen; durchqueren“. Zur Ety­mologie von Stuhl siehe dort.
Benennungsmotiv für die Grundbedeutung ist: <FUNKTION: (vertikale) Fortbewegung> + <IST: stuhlförmig>.

Adelung, Johann Christoph 2004: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. Elektronische Volltext- und Faksimile-Edition nach der Ausgabe letzter Hand. Leipzig, 1793–1801. Berlin: Directmedia. (Digitale Bibliothek; 40). Online unter: http://woerterbuchnetz.de/Adelung.
De Vaan, Michiel 2008: Etymological Dictionary of Latin and the other Italic Languages. Leiden, Boston: Brill. (Leiden Indo-European Etymological Dictionary Series; 7), s.v. portō.
EWA: Lloyd, Albert L./Lühr, Rosemarie 1988–: Etymologisches Wörterbuch des Althochdeutschen. Bd. 1–. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, s.v. faran.
Kluge, Friedrich 2002: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Begr. Friedrich Kluge, Bearb. Elmar Seebold. 24., durchges. und erw. Auflage. Berlin u.a.: de Gruyter, s.v. Fahrstuhl.
LIV: Rix, Helmut/Kümmel, Martin 2001: Lexikon der indogermanischen Verben: LIV; die Wurzeln und ihre Primärstammbildungen. Unter Leitung von Helmut Rix und der Mitarbeit vieler anderer bearb. von Martin Kümmel, Thomas Zehnder, Reiner Lipp, Brigitte Schirmer. 2., erw. und verb. Aufl., bearb. von Martin Kümmel und Helmut Rix. Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert-Verlag, s.v. 1.*per-.
Pfeifer, Wolfgang (Hg.) 1993: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2 Bde. 2., durchges. u. erg. Aufl. Berlin: Akad. Verl., s.v. fahren.

Autorin: Bettina Bock