Etymologie

Geschirr

Geschirr n. „Gefäße aus Porzellan, Steingut o.Ä., die man zum Essen und Trin­ken benutzt“ ist mit den Verben anschirren und aus­schirren nur im Deutschen bezeugt; der erste Beleg stammt aus dem Mittelhochdeutschen: mhd. geschirre „Ge­fäß, Gerät, Werkzeug“ in von einer stat zur andern sach manʒ geschirre wandern unde stieben under sie, benke dort, schîben hie „von einer Stelle zur anderen sah man das Geschirr wandern und sich bewegen zwischen ihnen, Bänke dort, Scheiben‍ ("Tische") hier“. Geschirr ist eine präfigierte Kollektivbildung zum Verb scheren „schneiden“, dem die uridg. Wurzel *(s)ker- „scheren, kratzen, abschneiden“ zugrunde liegt. Die se­man­tische Entwick­lung von geschirre geht dabei von „(Ge­samtheit dessen,) was ab‑, zurechtgeschnitten ist“ oder von „Ort, an dem etwas ab-, zurechtgeschnitten wird“ aus und wurde mit einer Be­deu­­tungs­­er­wei­terung zu einem allgemeinen Wort für „Werk­zeug, Ausrüstung, Gefäß“. Semantische Parallelen sind etwa aind. karaka- m. „Krug, Gefäß“ und káraṇa- „Instru­ment“ als Ablei­tun­gen von einer aind. Wurzel kar- „machen, tun, bereiten, zu-, ausrüs­ten“ (< uridg. *ker- „ab­schnei­den, schnitzen“) oder air. accmaing o, m. „Instrument, Werk­zeug“ von ad:cumaing „schla­gen, schneiden, schnitzen“.

Literatur:
DIL = Dictionary of the Irish Language. Electronic version: http://www.dil.ie/.
Goebel, Ulrich/Reichmann, Oskar 1986–: Frühneuhochdeutsches Wörterbuch. Begr. von Robert R. Anderson, Ulrich Goebel, Oskar Reichmann. Bd. 1–. Berlin u.a.: de Gruyter.
Grimm, Jacob/Grimm, Wilhelm 1854–1954: Deutsches Wörterbuch. Bd. 1–16 (und Quellenverzeichnis, 1971). Leipzig: Hirzel. (Nachdruck der Erstausgabe 1999: Bd. 1–33) München: Deutscher Taschenbuch-Verlag. Auch als CD-ROM 2004: Der digitale Grimm. Frankfurt am Main: Zweitausendeins. Auch unter: www.woerterbuchnetz.de.
Kluge, Friedrich 2011: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Begr. Friedrich Kluge, Bearb. Elmar Seebold. 25., durchges. und erw. Auflage. Berlin u.a.: de Gruyter.
Kroonen, Guus 2013: Etymological Dictionary of Proto-Germanic, Leiden-Boston: Brill.
Lloyd, Albert L./Lühr, Rosemarie 1988–: Etymologisches Wörterbuch des Althochdeutschen. Bd. 1–. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Mayrhofer, Manfred 1992–2001: Etymologisches Wörterbuch des Altindoarischen. 3 Bde. Heidelberg: Winter.
Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Mit Benutzung des Nachlasses von Georg Friedrich Benecke ausgearbeitet von Wilhelm Müller und Friedrich Zarncke. 3 Bde. Leipzig 1854-1866. Online auch unter http://woerterbuchnetz.de/BMZ/
Matthias Lexer: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. 3 Bde. Leipzig 1872-1878.
Pfeifer, Wolfgang (Hg.) 1993: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2 Bde. 2., durchges. u. erg. Aufl. Berlin: Akad. Verl.
Rix, Helmut/Kümmel, Martin 2001: Lexikon der indogermanischen Verben: LIV; die Wurzeln und ihre Primärstammbildungen. Unter Leitung von Helmut Rix und der Mitarbeit vieler anderer bearb. von Martin Kümmel, Thomas Zehnder, Reiner Lipp, Brigitte Schirmer. 2., erw. und verb. Aufl., bearb. von Martin Kümmel und Helmut Rix. Wiesbaden: Reichert.
 
Autorin: Sabine Ziegler