Etymologie

Handwerk

Handwerk ist seit dem Ende des 10. Jh. belegt: ahd. hantwerc st. n. (a-St.) „Werk der Hände; Handwerk“, ein Determinativkompositum mit werc > Werk als Basiswort und hant > Hand als Bestimmungswort in der Funktion eines Nomen rei actae. Die Gewerbebezeichnung als Broterwerb (vgl. die Glosse uuaz. hantuuerachæs chunnent ir Quod est opus vestrum [AhdWb s.v. hantwerc] „was Handwerker könnt ihr Was ist euer Handwerk“ [Kommentar zu Gen. 46,33]) leitet sich von der ursprünglichen Bedeutung „Werk der Hände“ in einem zweifachen Übertragungsprozess her: Vorauszusetzen ist zunächst eine metonymische Übertragung auf die mit Armkraft und geschickten Händen verbundene Tätigkeit spezialisierter Handwerker, vgl. die Randglosse smiththon (AhdWb s.v. hantwerc) „den Schmieden“. Die „berufsmäßig ausgeübte Tätigkeit“ (Duden s.v. Handwerk) stellt dazu eine metaphorische Abstraktion dar, vgl. auch die zugehörige Bildung hantwercman „Handwerksmann“. Hier zeigt sich auch die Zunahme der Arbeitsteilung: Das Handwerk trennt sich als Berufsstand von der Bauernschaft real und sprachlich. In der ersten Hälfte des 14. Jh., d.h. in spätmittelhochdeutscher Zeit, finden sich erste Belege für die metonymische Bedeutungsübertragung auf die „organisierte Gemeinschaft“: die schuester und elliu handwerih (1330 München StR. [Dir] 134, DRW s.v. Handwerk) „die Schuster und alles Handwerk“. Daran schließt sich eine weitere metonymische Übertragung an, die zur Bedeutung „Versammlung“ führt: versammelinge und handtwerck (1497 Lüneburg/H.W.H. Mithoff, Mittelalterliche Künstler und Werkmeister Niedersachsens u. Westfalens [Hannover 21883] 406, DRW s.v. Handwerk) „Versammlung und Handwerk“. Im Gegenwartsdeutschen sind nur noch die Bedeutungen „berufsmäßig ausgeübte Tätigkeit eines Handwerkers; berufliche Tätigkeit; Broterwerb; Handwerkerstand“ (nach Duden s.v. Handwerk) üblich. Als Benennungsmotiv für Handwerk als Berufsstand ergibt sich somit bis heute die Gemeinschaft derjenigen, die von der Kraft ihrer Arme und der Geschicklichkeit ihrer Hände leben
Zur Etymologie des Basisworts Werk vgl. die Ausführungen zu Werk/Gewerk/Gewerke/Gewerkschaft, zur Etymologie von Hand vgl. ebd.

AhdWb: Karg-Gasterstädt, Elisabeth u.a. 1952–: Althochdeutsches Wörterbuch. Auf Grund der von Elias von Steinmeyer hinterlassenen Sammlungen im Auftr. der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig bearb. von Elisabeth Karg-Gasterstädt und Theodor Frings. Bd. 1–. Berlin: Akad.-Verl.
DRW: Deutsches Rechtswörterbuch. http://drw-www.adw.uni-heidelberg.de/drw/.
Duden: Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Hg.) 2000: Duden – Das große Wörterbuch. Mannheim: Verlag Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG. CD-ROM auf der Basis der 3., völlig neu bearb. und erw. Auflage der Buch-ausgabe in 10 Bänden (1999).
Kluge, Friedrich 2002: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Begr. Friedrich Kluge, Bearb. Elmar Seebold. 24., durchges. und erw. Auflage. Berlin u.a.: de Gruyter, s.v. Handwerk.
Pfeifer, Wolfgang (Hg.) 1993: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2 Bde. 2., durchges. u. erg. Aufl. Berlin: Akad. Verl., s.v. Handwerk.

Autorin: Bettina Bock