Etymologie

Kanapee

Kanapee, n., veraltet auch in der Schreibung Canapé, hat im Gegen­wartsdeutschen zwei Bedeutun­gen: 1. „Sofa, Couch; (älter) Himmelbett“ und 2. „mit Delikatessen be­legtes, garniertes Brot­­schnittchen“ (Duden 2000). Kanapee ist ein im 18. Jh. nur mit der ersten Bedeutung übernommenes Lehnwort aus frz. canapé, älter auch conopé(e) m. (f.) 1. „Himmelbett; Baldachin; Sofa, Couch“. Canapé und Kanapee bezeichneten im Ge­gen­satz zur ungepolsterten Sitz- oder Schlafbank eine mit weicher Polsterung ver­se­hene Sitz- oder Schlafstatt in vornehmen und reichen Häusern des 18. und 19. Jh.s. (z.B. bei Goethe). Die zweite Bedeu­tung ist einerseits als Bezeichnung der läng­lichen Form sowie in Ana­logie zur teuren Ausstattung bzw. wegen des „üppigen Aufbaus“ entstanden. Ebenfalls entlehnt wurden: nengl. canopy schon im 14. Jh. 1. „Bedeckung, Baldachin über Möbeln“, daher auch generell 2. „Decken, Bedeckungen aller Art, Regen-/Son­nen­schirm“, übertragen 3. „Firmament, Himmelsgewölbe“ (< „Bedeckung der Welt“) und erst im 20. Jh. 4. „mit Delikatessen belegtes Weißbrothäppchen“; nndl. canapé „Himmelbett; Häppchen“, nschwed. kanapé „Himmelbett“ und nnorw. kanapé „Him­melbett; Häppchen“. Frz. canapé setzt mlat. canapeum < klass. lat. cōnō­pium, cōnōpēum „Mückennetz; mit einem solchen versehene Schlafstatt, Himmelbett“ fort. Die Entwicklung von klass. lat. cōnōpium, cōnōpēum zu mlat. canapeum ist nicht laut­gesetzlich, so dass hier eine innerlateinische volksetymologische Umgestal­tung nach klass. lat. und mlat. canaba „leichter, schnell auf- und abzubauender Schuppen, Händ­lerbude, Händlerzelt, Gerüst“ (< griech. kánabos, kanábion „(Holz-) Gerüst“; zugrunde liegt griech. kanṓn „Stab, Pfosten“) anzu­nehmen sein dürfte, da der Aufbau für ein Mückennetz ebenfalls ein Holz­gerüst war. Klass. lat. cōnōpium, cōnōpēum ist wiederum aus griech. kōnōpeṓn „feinmaschiges Mückennetz, mit einem solchen Netz überzogenes Bett“, einer Ableitung von griech. kṓnōps „Stechmücke“, entlehnt worden. Dafür wird Entlehnung aus dem Ägyptischen angenommen (EWD s.v.). Doch kann knōps ohne Probleme inner­griechisch erklärt werden als Possessivkompositum aus kõnos „Wölbung; Zapfen, Kegel; Pinienkern“ und -ōps „blickend, Auge“ nach der Form der Fliegenaugen „Wölbungsaugen habend; mit gewölbten Augen versehen“.

Literatur:
Beekes, Robert S.P. 2009: Etymological Dictionary of Greek. Amsterdam: Brill.
Georges, Karl Ernst: Lateinisch-deutsches Handwörterbuch. Bd. I 1837; Bd. II 1838. Leipzig: Hahn’sche Verlagsbuchhandlung. Elektronische Edition. Berlin: Directmedia Publ. (Digitale Bibliothek 69).
Goethe-Wörterbuch. Das Goethe-Wörterbuch im Internet. http://gwb.uni-trier.de/de/. 
Grimm, Jacob/Grimm, Wilhelm 1854–1954: Deutsches Wörterbuch. Bd. 1–16 (und Quellenverzeichnis, 1971). Leipzig: Hirzel. (Nachdruck der Erstausgabe 1999: Bd. 1–33) München: Deutscher Taschenbuch-Verlag. Auch als CD-ROM 2004: Der digitale Grimm. Frankfurt am Main: Zweitausendeins. Auch unter: www.woerterbuchnetz.de.
Kluge, Friedrich 2011: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Begr. Friedrich Kluge, Bearb. Elmar Seebold. 25., durchges. und erw. Auflage. Berlin u.a.: de Gruyter.
OED = Oxford English Dictionary. www.oed.com.
Pfeifer, Wolfgang (Hg.) 1993: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2 Bde. 2., durchges. u. erg. Aufl. Berlin: Akad. Verl.
Rix, Helmut/Kümmel, Martin 2001: Lexikon der indogermanischen Verben: LIV; die Wurzeln und ihre Primärstammbildungen. Unter Leitung von Helmut Rix und der Mitarbeit vieler anderer bearb. von Martin Kümmel, Thomas Zehnder, Reiner Lipp, Brigitte Schirmer. 2., erw. und verb. Aufl., bearb. von Martin Kümmel und Helmut Rix. Wiesbaden: Reichert.
Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Hg.) 2000: Duden – Das große Wörterbuch. Mannheim: Verlag Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG. CD-ROM auf der Basis der 3., völlig neu bearb. und erw. Auflage der Buchausgabe in 10 Bänden (1999). 
 
Autorin: Sabine Ziegler