Etymologie

Kompanie

Kompagnie/Kompanie f. „ militärische Einheit von etwa 100 bis 250 Mann; (veraltet) Handelsgesellschaft; Balletttruppe“ wurde im 12. Jh. aus frz. compagnie „Gesellschaft“ < afrz. cumpainie (ca. 1050)/cumpagnie (ca. 1100) entlehnt. Mhd. kompânîe, kumpânîe f. zeigt dabei die hyperonymische Bedeutung „Gesellschaft, Genossenschaft“: der bôt im kumpânîe (Parz.147, 18, BMZ s.v. kumpânîe) „der bot ihm Gesellschaft“.
Die Bedeutungsverengung auf eine Berufsgenossenschaft (verbunden mit dem Benennungsmotiv „Gemeinschaft“) findet in der ersten Hälfte des 14. Jh. im östlichen Norddeutschland statt, belegt z. B. in den Statuten der Brüderschaft der Greifswalder Kopenhagen- oder Bornholmfahrer von 1330: Disse kumpenie is begunt […] van dissen jegenwerdigen luden: Henninck Junge, Hermelin Bururmann, Jacob Bururmann, Johann Schriver, Radeke Loquis unde Heicke Loquis, […]. [1.] To dem ersten male hebbe vvy gesettet unde wilkoret und geshreven: welk broder eine tid vorstervet, […] (Hansisches Urkundenbuch 2, 213) „Diese Kompanie ist von diesen ehrenwerten Leuten begonnen worden: Henninck Junge, Hermelin Bururmann, Jacob Bururmann, Johann Schriver, Radeke Loquis und Heicke Loquis, […]. 1. Zum erstem Mal haben wir gesessen und gewählt und geschrieben: welcher Bruder eine Zeit vorsteht […]“. Der Beleg erweist zugleich das Benennungsmotiv „Gemeinschaft“. Kompanie konnte sich dabei sowohl auf Kaufleute als auch auf Handwerker beziehen, vgl. aus dem Statut der Maurergilde von Riga von 1390 Ok so mach een man [enen leerjun]ghen untphaen, so en scal hee nycht untphfan, hee dot vor der menen kumpenye (Stieda-Mettig 422 f., DRW s.v. Kompanie) „auch wenn jemand einen Lehrjungen aufnimmt, soll er ihn nicht aufnehmen, es sei denn vor der ganzen Kompanie“. Die Bedeutungsentwicklung zu „Gesellschaft, Genossenschaft“ bleibt auf den nordostdeutschen Raum beschränkt; einzelne Belege finden sich aber auch in Schleswig-Holstein.
In der Bedeutung „Handelsgesellschaft“ erscheint das Wort im 13. Jh. als Ausdruck der Kaufmannssprache zunächst im Mittelniederdeutschen (u. a. in der Form kumpanie), im 16. Jh. findet es sich auch im Oberdeutschen, hier meist unter dem Einfluss des Italienischen in der Form Compagnia (daneben Companey im 16. Jh.). Die Bedeutung „Militäreinheit“ wurde Ende des 16. Jh. aus dem Französischen übernommen.
Das französische Wort ist entweder eine frühe Ableitung zu afrz. compain m. „Gefährte, Partner“ < spätlat. compāniō m. oder zu afrz. compagne f. „Gesellschaft, Begleitung, Schar“ < vlat. *compānia f., ursprünglich Plural von spätlat. compānium n. „(Speise-)Gemeinschaft im Feldlager“, das auf spätlat. compāniō zurückgeht und wie dieses in der Lex Salica 63,1 (6. Jh.) belegt ist. Spätlat. compāniō, compāniōnis m., eigentlich „der mit jemandem Brot gemeinsam hat, d.h. teilt“ aus lat. cum „zusammen“ und pānis, pānis m. „Brot“, ein Possessivkompositum mit dem Suffix ‑iōn- (zur Bildung von Personenbezeichnungen), ist entweder eine Lehnübersetzung für gleichbedeutendes und analog gebildetes got. ga-hlaiba m. (vgl. auch ahd. gi-leibo) oder die Entlehnung ist umgekehrt verlaufen. Für das italienische Wort ist eine analoge Entwicklung anzunehmen. Auch Kumpanei f. „Zusammenschluss von Kumpanen“ geht auf mhd. kompânîe, kumpânîe zurück. Das Wort zeigt aber eine stärkere Eindeutschung als Kompa(g)nie. Das betrifft sowohl die Form des Kollektiv-Suffixes, nämlich ‑ei, als auch den Vokalismus: Abschwächung des o zu u in unbetonter Silbe. Synchron kann Kumpanei daher auch als Ableitung zu Kumpan m. „Gefährte, Kamerad“ (mhd. kompân, kumpân m. „Geselle, Genosse, Beisitzer einer städtischen Behörde“ < spätlat. compānio „Brot-, Speise-, Tischgenosse, Kamerad“) aufgefasst werden. Über das Französische gelangte das Wort in der Form Kompagnon nochmals ins Deutsche, vgl. schon mhd. kompânjûn, kumpânjûn m.

BMZ: Benecke, Georg Friedrich 1854–1861: Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Ausgearbeitet von W. Müller und F. Zarncke. 3 Bde. Leipzig: Hirzel. Auch in: Burch, Thomas/Fournier, Johannes/Gärtner, Kurt (Hgg.) 2002: Mittelhochdeutsche Wörterbücher im Verbund: CD-ROM und Begleitbuch. Stuttgart: Hirzel, 2002. Auch unter: www.woerterbuchnetz.de.
Casaretto, Antje 2004: Nominale Wortbildung der gotischen Sprache. Die Derivation der Substantive. Heidelberg: Winter, 241.
DRW: Deutsches Rechtswörterbuch. http://drw-www.adw.uni-heidelberg.de/drw/.
EWA: Lloyd, Albert L./Lühr, Rosemarie 1988–: Etymologisches Wörterbuch des Althochdeutschen. Bd. 1–. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, s.v. gileibo.
Hansisches Urkundenbuch: Verein für Hansische Geschichte (Hg.) 1876–1916: Hansisches Urkundenbuch. 11 Bde. Halle : Buchh. des Waisenhauses (später Verl. Duncker & Humblot bzw. Böhlau).
Kluge, Friedrich 2002: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Begr. Friedrich Kluge, Bearb. Elmar Seebold. 24., durchges. und erw. Auflage. Berlin u.a.: de Gruyter, s.v. Kompanie.
Lühr, Rosemarie (Hg.) 2008: Nominale Wortbildung des Indogermanischen in Grundzügen. Die Wortbildungsmuster ausgewählter indogermanischer Einzelsprachen. Bd. 1: Latein, Altgriechisch bearb. von Irene Balles. Hamburg: Kovač. (Philologia; 121), 43 f.
Pfeifer, Wolfgang (Hg.) 1993: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2 Bde. 2., durchges. u. erg. Aufl. Berlin: Akad. Verl., s.vv. Kompanie, Kompagnon, Kumpan.
TLF: La Trésor de la Langue Française informatisé. http://atilf.atilf.fr/, s.v. compagnie.

Autorin: Bettina Bock