Etymologie

Leiter

Ahd. leitar st. f. (i-St.)/leitara st. f. (ō-St.), sw. f. (n-St.) > nhd. Leiter f. „Gerät aus zwei durch Sprossen verbundenen Längsstangen (Holmen) zum Hinaufsteigen“ ist seit dem 9. Jh. be­legt. Entsprechungen zu ahd. leitar/leitara finden sich auch in anderen west­germanischen Sprachen: mndd. ledder, mndl. lēder, ndl. leer und (mit Vokalwechsel) mndl. ladder(e), lāder(e), ndl. ladder, aengl. hlǣd(d)er, engl. ladder, alle „Leiter“. Die­sen Wörtern zugrunde liegendes wgerm. *χlai̯-þ/dr(j)ō- f. ist deverbales Nomen instru­men­ti mit der femininen Variante des Suffixes uridg. *‑tro-: *‑treh­2- bzw. einer Wie­ter­bildung mit dem Motionssuffix *‑ī- <*‑ih- oder seiner thematischen Variante *‑i̯ō-. Eine andere Bedeutung und eine andere Ablautstufe zeigt got. hleiþra f. „Zelt“ < *χlī-þrō-. Das Nomen instrumenti gehört zur Verbwurzel uridg. *k̂lei̯- „sich anlehnen“. Be­nennungsmotiv für die Leiter ist demnach das prototypische Merkmal <IST: angelehnt an etwas>.
Benennungsmotiv für die Grundbedeutung und die Bezeichnung im Wortfeld „Haus“ die die Eigenschaft <IST: angelehnt an etwas>.
Leiter wird auch als Bezeichnung für die „Treppe“ verwendet. Diese Übertragung zeigt nicht nur das Althochdeutsche (leitar/leitara) und in der Variante Hühnerleiter das Neu­hochdeutsche, sondern auch das Griechische: Gr. klĩmax, klímakos f. gehört dabei etymologisch zur selben Wurzel *k̂lei̯- „sich anlehnen“. Die Übertragung von „Leiter“ > „Treppe“ basiert auf dem ge­mein­samen prototypischen Merkmal <FUNKTION: Überwindung von Höhenunter­schieden>.

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LIV: Rix, Helmut/Kümmel, Martin 2001: Lexikon der indogermanischen Verben: LIV; die Wurzeln und ihre Primärstammbildungen. Unter Leitung von Helmut Rix und der Mitarbeit vieler anderer bearb. von Martin Kümmel, Thomas Zehnder, Reiner Lipp, Brigitte Schirmer. 2., erw. und verb. Aufl., bearb. von Martin Kümmel und Helmut Rix. Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert-Verlag, s.v. *k̂lei̯-.
Lühr, Rosemarie 2000: Die Gedichte des Skalden Egill. Dettelbach: Röll. (Jenaer indogermanistische Textbearbeitung; 1), S. 198.
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Autorin: Bettina Bock