Etymologie

Pantoffel

Frnhd. pantoffel, mnd. pantufelen, pantoffelen (Pl.) wurde gegen Ende des 15. Jh. aus dem gleichbedeutenden mfrz. pantoufle f. entlehnt. Innerhalb der Romania ist ital. pantofola f., älter span. pantufla f., port. pantufa f. zu vergleichen (vgl. FEW s.v. pantoufle). Außerdem wurde das Wort durch deutsche Vermittlung in die skandinavischen Sprachen (schwed. toffel, dän. norw. tøffel, nach Hellquist 1922: 1199f. seit dem 16.Jh.) und in die slawischen Nachbarsprachen des Deutschen (tschech. slowak. poln. pantofel, nach Newerkla 2004: 295 schon im Alttschechischen) übernommen. Das seit dem späten 15.Jh. im Englischen bezeugte pantofle stammt dagegen aus dem Französischen, vgl. OED s.v.
Das Wort ist zuerst im Südfranzösischen bezeugt. Etymologisch ist es ungedeutet. Nach Pfeifer 1993: 967 kann es entweder wie afrz. patin „Holzschuh, Pantine“ zu *patt- mit südfranzösischem Nasaleinschub zu einem letztlich onomatopoetischen Stamm *patt- „Pfote, Tatze“ gehören oder auf ein unbezeugtes mgriech. *pantóphellos „Korkschuh“ zurückgehen. Dagegen erwägt Kluge/Seebold 2011: 680 Anschluss an frz. panne „Stück Stoff“; dabei wird als unmittelbare Quelle für die Entlehnung ins Deutsche ital. pantofola f. angegeben.
Alle drei Erklärungen sind problematisch: Beim Anschluss an *patt- „Pfote, Tatze“ bleibt die suffixale Erweiterung unklar, denn ein Suffix ‑oufle gibt es nicht. Außerdem würde man, wenn zu einem Wort für „Holzpantine“ ein Wort für „Pantoffel“ hinzukommt, ein synchron durchsichtiges, semantisch motiviertes Neuwort erwarten. Außerdem bleibt unklar, warum eines der beiden etymologisch verwandten Wörter hätte nasaliert werden sollen, das andere aber nicht.
Beim Anschluss an ein mgriech. *pantóphellos stellt sich nicht nur das Problem, dass dieses Wort nicht bezeugt ist (ngriech. pantóphla, pantoúphla ist aus dem Ital. entlehnt), sondern dass auch die Morphologie und Semantik der postulierten Vorform unpausibel sind: Bei Anschluss an griech. phéllos m. „Kork“ ergäbe sich ein sachlich falsches Kompositum „Ganz-Kork“ für ein Schuhwerk, das allenfalls eine Sohle aus Kork gehabt haben kann, ansonsten aber mit anderen Materialen - Leder, Bast oder Stoff - verbunden gewesen sein muss. Die hypothetische Vorform *pantóphellos ist daher als Phantomwort und der Deutungsvorschlag als humanistische Paretymologie zu beurteilen.
Bei der von Kluge/Seebold 2011: 680 erwogenen Anknüpfung an frz. panne „Stück Stoff“ bleibt das Hinterglied °toufle undeutbar. Semantisch wäre die Deutung aber nur dann einleuchtend, wenn sich als Gesamtwort ein „Stoff-Schuh“ o. ä. ergäbe.
Am wahrscheinlichsten ist demnach eine Entlehnung aus einer unbekannten Sprache. Nun würde man die Herkunft eines sandalenähnlichen, leichten Schuhs mit offener Hacke zwar am ehesten im Orient vermuten, aber Türkisch und die semitischen Sprachen scheiden als Geber- oder Vermittlersprachen aus, weil sie keine geeignete Vorform bieten. Bei Übernahme aus einer ostasiatischen oder amerikanischen Sprache müsste man hingegen erwarten, dass das Wort zunächst im Spanischen oder Portugiesischen und nicht als erstes in Südfrankreich auftaucht. Die Herkunft des Wortes Pantoffel bleibt daher weiterhin ungeklärt.

FEW: Walter von Wartburg, Französisches etymologisches Wörterbuch, Basel: Zbinden, 1928ff. (https://apps.atilf.fr/lecteurFEW/)
Hellquist 1922: Elof Hellquist, Svensk etymologisk ordbok, Lund: Gleerups.
Kluge/Seebold 2011: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 25. Auflage, Berlin: de Gruyter.
Newerkla 2004: Stefan Michael Newerkla, Sprachkontakte Deutsch - Tschechisch - Slowakisch. Wörterbuch der deutschen Lehnwörter im Tschechischen und Slowakischen, Frankfurt a.M. u.a.: Peter Lang.
OED: The Oxford English dictionary, www.oed.com.
Pfeifer 1993: Wolfgang Pfeifer, Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 2. Auflage, Berlin: Akademie-Verlag.