Etymologie

Polizei

Polizei f. „staatliche oder kommunale Institution, die (mit Zwangsgewalt) für öf­fent­­liche Sicherheit und Ordnung sorgt“, die ursprüngliche Bedeutung ist „(allgemeine) Ordnung“, z.B. damit under unsern handtwerchern guete mantzucht und policey [Ord­nung] erhalten werde (frühester Beleg für das Wort Polizei aus dem Jahre 1451, nach DRW), und „Regierung, Verwaltung, Ordnung, Sittenaufsicht in Staat und Gemeinde sowie die dazugehörigen Verordnungen“, z.B. nachdem dise stat mit vil loblichen polliceien und guten ordnungen versehen [ist] (Beleg von 1476 aus den Würzburger Polizeisätzen 182, nach DRW). Der Übergang von „Stadt­ordnung” > „Ausführenden der Stadtordnung“ ist z.B. in Vnd er aber wargenommen / das heutigen Tags bey dem grösten Theil der Menschen / neben einem sichern / ruhlosen Leben / allerley Laster dermassen eingerissen / daß zubesorgen / wo nicht die Obrigkeiten durch anstellung guter Policey / diesem Vnheil zu remediren, jhnen werden zum äussersten angelegen sein lassen / das beides Regenten in jhren Renten vnd Einkommen / vnd auch die Vnderthanen in jhrer Haab vnnd Nahrung anderst nichts / als Gottes deß Allmächtigen Fluch vnd Straff werden zu gewarten haben / So hat er eine Policey Ordnung auff das Papier bringen / vnd in derselben fürnemblich andeuten wollen erkennbar (Georg Obrecht, Fünff Vnderschiedliche Secreta Politica. Straßburg 1617, nach DWDS). 
Von Polizei ist Polizist m. „Angehöriger der Polizei“ abgeleitet, bezeugt seit 1841: Schweigt dann das Volk, so sagt man gleich warum: Alles wahre Erdenglück ist immer stumm. Millionen gute brave Christen schweigen, weil es Einem so gefällt, Ihm allein und seinen Polizisten, Die er nur um seinetwillen hält. Millionen, wagt’s und sprechet frei (Hoffmann von Fallersleben, Unpolitische Lieder. Bd. 2. Hamburg 1841, nach DWDS). Älter ist Poli­zeidiener, das seit 1721 nachweisbar ist (die ortspolizeibehörde hat (zum unmittelbaren vollzuge polizeilicher maszregeln) über einen oder mehrere polizeidiener zu verfügen, Hiathrophilus, kluger und lustiger medicus, Zittau 1821: 8, 139, nach DWb). – Die deutschen Wörter sind über lat. polī­tīa „Staatsverfassung, Staatsverwaltung“ aus griech. polītéia „Bürgerrecht, Staatsver­wal­tung, Staatsverfassung“ entlehnt, das eine Ableitung von griech. polī́tēs „Bürger“ und somit letztlich von griech. pólis f. „Burg, Stadt, Stadtgemeinde, Staat“ ist (: aind. pr, púras f. „Burg, Palisade“ und lit. pilìs, lett. pils f. „Burg, Schloss“ < uridg. *ph1‑; EWAia II: 145, als „Aufschüttung“ zu einer uridg. Wurzel pleh1- „füllen, voll werden“, LIV²: 482f.). Anders Beekes 2009: 1219f., der für griech. pólis und die Variante ptólis ein uridg. Rekonstrukt *tpolH- annimmt. Siehe auch unter Politik.

Literatur:
Beekes, Robert S.P. 2009: Etymological Dictionary of Greek. Amsterdam: Brill.
DRW = Deutsches Rechtswörterbuch, online unter http://drw-www.adw.uni-heidelberg.de/drw/.
Duden = Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Hg.) 2000: Duden – Das große Wörterbuch. Mannheim: Verlag Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG. CD-ROM auf der Basis der 3., völlig neu bearb. und erw. Auflage der Buchausgabe in 10 Bänden (1999).
DWDS = Das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache des 20.Jahrhunderts. www.dwds.de.
Goebel, Ulrich/Reichmann, Oskar 1986–: Frühneuhochdeutsches Wörterbuch. Begr. von Robert R. Anderson, Ulrich Goebel, Oskar Reichmann. Bd. 1–. Berlin u.a.: de Gruyter.
Grimm, Jacob/Grimm, Wilhelm 1854–1954: Deutsches Wörterbuch. Bd. 1–16 (und Quellenverzeichnis, 1971). Leipzig: Hirzel. (Nachdruck der Erstausgabe 1999: Bd. 1–33) München: Deutscher Taschenbuch-Verlag. Auch als CD-ROM 2004: Der digitale Grimm. Frankfurt am Main: Zweitausendeins. Auch unter: www.woerterbuchnetz.de.
Kluge, Friedrich 2011: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Begr. Friedrich Kluge, Bearb. Elmar Seebold. 25., durchges. und erw. Auflage. Berlin u.a.: de Gruyter.
Mayrhofer, Manfred 1992–2001: Etymologisches Wörterbuch des Altindoarischen. 3 Bde. Heidelberg: Winter.
Pfeifer, Wolfgang (Hg.) 1993: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2 Bde. 2., durchges. u. erg. Aufl. Berlin: Akad. Verl.
Rix, Helmut/Kümmel, Martin 2001: Lexikon der indogermanischen Verben: LIV; die Wurzeln und ihre Primärstammbildungen. Unter Leitung von Helmut Rix und der Mitarbeit vieler anderer bearb. von Martin Kümmel, Thomas Zehnder, Reiner Lipp, Brigitte Schirmer. 2., erw. und verb. Aufl., bearb. von Martin Kümmel und Helmut Rix. Wiesbaden: Reichert.
 
Autorin: Sabine Ziegler