Raub
Raub m. „das Rauben, gewaltsame Wegnehmen; Beute“, ahd. roub
m., asächs. -rōf m. (in nōdrōf) „gewaltsame Entreißung, Beute,
Raub“, mhd. roup, roub m. „Beute, Geraubtes, Räuberei,
Plünderung; Ernte eines Feldes“, mndd. rōf n., afries. rāf n., aengl. rēaf n. „Raub,
Beute, Kleidung, Rüstung“ < urgerman. *rauba- (zu einem im Deutschen nicht
bezeugten starken Verb, vgl. aengl. rēofan „brechen, zerreißen“, berēofan
„berauben“, anord. rjūfa, rjōfa „brechen, zerreißen“ <
urgerman. *reufe/a-) < uridg. *(H)roup-ó- „das Ab-, Entreißen, das Entrissene“ ist eine Ableitung aus einer uridg.
Wurzel *(H)reup- „brechen, reißen“ (Ansatz
ohne Laryngal in LIV²: 510f., mit unbestimmtem Laryngal in Kroonen 2013: 406,
410), die auch in aind. lop- „brechen“, lat. rumpere
„brechen, zerreißen“ vorliegt; vgl. auch das schwache Verb rauben „gewaltsam
in Besitz bringen, unter Anwendung oder Androhung von Gewalt wegnehmen,
stehlen, entreißen“, ahd. roubōn, mhd. rouben „dss.“, asächs. rōvon,
mndd. mndl. rōven „(be)rauben, plündern“, aengl. (be)rēafian „plündern,
mit Gewalt nehmen“, nengl. to bereave „(be)rauben“, got. biraubōn
„berauben“ und dt. Räuber m., ahd. roubāri, mhd. roubære,
röubære, röuber, mndd. mndl. rōver, aengl. rēafere,
nengl. reaver „Räuber“. Der Begriff „Raub“ wurde von der Handlung des
Raubens auf den Inhalt des Raubens (PHYSISCHE
HANDLUNG > OBJEKT DER
HANDLUNG) metonymisch übertragen. Eine ähnliche semantische Entwicklung ist
beispielsweise auch in air. brat ā, f. „das Rauben“ und „Geraubtes,
Beute“ eingetreten. Die Bedeutung „gewaltsames Entreißen von anderer Leute
Besitz, Raub“ hat sich vor allem in den germanischen Sprachen entwickelt (s.
auch Mord), ist aber auch im jüngeren Altindischen nachweisbar: aind. nir-lopa-
(von der Wurzel lop-, s.o.) bedeutet ebenfalls „Diebstahl, Raub, Beute“
< *„das Entreißen“ und ist eine Substantivierung von aind. nir-lop-
„weg-, herausnehmen“, wobei -lopa- urgerman. rauba-
etymologisch genau entspricht. Die Bedeutungsentwicklung dürfte jedoch in
beiden Sprachzweigen unabhängig voneinander eingetreten sein.
Literatur:
DWDS = Das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache des 20.Jahrhunderts. www.dwds.de.
Goebel, Ulrich/Reichmann, Oskar 1986–: Frühneuhochdeutsches Wörterbuch. Begr. von Robert R. Anderson, Ulrich Goebel, Oskar Reichmann. Bd. 1–. Berlin u.a.: de Gruyter.
Grimm, Jacob/Grimm, Wilhelm 1854–1954: Deutsches Wörterbuch.
Bd. 1–16 (und Quellenverzeichnis, 1971). Leipzig: Hirzel. (Nachdruck
der Erstausgabe 1999: Bd. 1–33) München: Deutscher Taschenbuch-Verlag.
Auch als CD-ROM 2004: Der digitale Grimm. Frankfurt am Main:
Zweitausendeins. Auch unter: www.woerterbuchnetz.de.
Kluge, Friedrich 2011: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Begr. Friedrich Kluge, Bearb. Elmar Seebold. 25., durchges. und erw. Auflage. Berlin u.a.: de Gruyter.
Kroonen, Guus 2013: Etymological Dictionary of Proto-Germanic, Leiden-Boston: Brill.
Mayrhofer, Manfred 1992–2001: Etymologisches Wörterbuch des Altindoarischen. 3 Bde. Heidelberg: Winter.
Mittelhochdeutsches Wörterbuch.
Mit Benutzung des Nachlasses von Georg Friedrich Benecke ausgearbeitet
von Wilhelm Müller und Friedrich Zarncke. 3 Bde. Leipzig 1854-1866.
Online auch unter http://woerterbuchnetz.de/BMZ/
Matthias Lexer: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. 3 Bde. Leipzig 1872-1878.
Pfeifer, Wolfgang (Hg.) 1993: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2 Bde. 2., durchges. u. erg. Aufl. Berlin: Akad. Verl.
Rix, Helmut/Kümmel, Martin 2001: Lexikon der indogermanischen Verben: LIV; die Wurzeln und ihre Primärstammbildungen.
Unter Leitung von Helmut Rix und der Mitarbeit vieler anderer bearb.
von Martin Kümmel, Thomas Zehnder, Reiner Lipp, Brigitte Schirmer. 2.,
erw. und verb. Aufl., bearb. von Martin Kümmel und Helmut Rix.
Wiesbaden: Reichert.
Autorin: Sabine Ziegler