Regenrinne
Regenrinne
f.
„schmaler, langer, in Form eines Halbkreises ausgehöhlter Körper aus Blech,
Holz o.Ä., durch den Regenwasser abfließen kann“ ist ein
Determinativkompositum. Das
Simplex Rinne ist schon im
17. Jh. belegt: die troffen oder
auszgüsze der rinne von seinem haus soll niemand in seines nachbars erbe
weisen (Breslauer bauordnung (1668) 9, DWb s.v. troffe).
Das Kompositum ist im DWb s.v. Regenrinne
zuerst für das 18. Jh. gebucht (Jacobsson
3, 380a (1781)); es findet sich auch bei Adelung als Lemma.
Das
Vorderglied und Bestimmungswort Regen m.
„Niederschlag aus den Wolken in Tropfenform“ ist seit dem 8. Jh.
bezeugt: ahd. regan st. m. (a-St.), mhd. regen. Zusammen mit mndd. rēgen, mndl. rēghen, rein,
reen, nddl. regen,
as. regan-, regin, aengl. regn,
engl. rain, anord. schw.
regn, got. rign führt es auf urgerman. *reǥna- m./n. „Regen“. Außergermanisch
lassen sich alit. rõkė „Staubregen“
und das litauische Verb rõkia, rõkti „fein regnen“ anschließen. Als
Rekonstrukt ergibt sich so eine Wurzel uridg. *rek- „(feiner?) Regen“.
Das
Hinterglied und Grundwort, das Nomen instrumenti oder Nomen loci Rinne
f. „lange, schmale Vertiefung im Boden, offenes Abflussrohr, Rille“, ist wie
das Verb rinnen ebenfalls seit dem
8. Jh. bezeugt: ahd. rinna sw. f.
(n-St.), mhd. rinne „Wasserfluss, Quell, Dachtraufe,
Wasserleitung, Wasserröhre“. Weitere germanische Verwandte sind: got. rinnō
„Gießbach“; mit Ablaut: mhd. mndd. renne, schw. ränna sowie mndd. runne, aengl. rynel(e), rinnele „Wasserlauf, Strom“,
engl. runnel „Rinnsal, Rinnstein“. Ahd. rinnan „fließen; laufen“, mhd. rinnen
„fließen; fortschwimmen; schwimmen; triefen; laufen, rennen“ geht zusammen
mit as. rinnan, mndd., mndl. rinnen, aengl. rinnan (engl. to
run; das schwundstufige ‑u- stammt
vom Perfekt), got. rinnan,
anord. rinna (später renna), schw. rinna, afr. renna, rinna auf
urgerman. *renn-e/a- „rinnen,
laufen“ zurück. Dieses stellt die Thematisierung der Form mit schwundstufigem
Infix eines uridg. n-Infixpräsens
dar: uridg. *ri-ne-h-/ri-n-h-, vgl.
z.B. ai. riṇā́ti „lässt fließen“, umgebildet in
russ. rínutʼ „schnell fließen“.
Zugrunde liegt eine Wurzel *h1/3rei̯H-
„strömen, rinnen“ (vgl. z.B. noch lat. rīvus
„Bach, Strom“, gall. Rēnos „Rhein“).
Benennungsmotiv für die Bezeichnung im
Wortfeld „Haus“ ist: <FUNKTION: gelenkter Abfluss von Regenwasser>.
Adelung, Johann Christoph 2004: Grammatisch-kritisches
Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. Elektronische
Volltext- und Faksimile-Edition nach der Ausgabe letzter Hand. Leipzig,
1793–1801. Berlin: Directmedia. (Digitale
Bibliothek; 40). Online unter: http://woerterbuchnetz.de/Adelung.
DWb: Grimm, Jacob/Grimm, Wilhelm
1854–1954: Deutsches Wörterbuch. Bd. 1–16 (und Quellenverzeichnis, 1971).
Leipzig: Hirzel. (Nachdruck der Erstausgabe 1999: Bd. 1–33) München:
Deutscher Taschenbuch-Verlag. Auch als CD-ROM 2004: Der digitale Grimm.
Frankfurt am Main: Zweitausendeins. Auch unter: www.woerterbuchnetz.de.
Kluge, Friedrich 2002: Etymologisches
Wörterbuch der deutschen Sprache. Begr. Friedrich Kluge, Bearb. Elmar Seebold.
24., durchges. und erw. Auflage. Berlin u.a.: de Gruyter, s.vv. Regen, rinnen.
LIV: Rix, Helmut/Kümmel,
Martin 2001: Lexikon der indogermanischen Verben: LIV; die Wurzeln und ihre
Primärstammbildungen. Unter Leitung von Helmut Rix und der Mitarbeit vieler
anderer bearb. von Martin Kümmel, Thomas Zehnder, Reiner Lipp, Brigitte
Schirmer. 2., erw. und verb. Aufl., bearb. von Martin Kümmel und Helmut Rix.
Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert-Verlag, s.v. *h3rei̯H-.
Lühr, Rosemarie 2000: Die Gedichte des Skalden Egill.
Dettelbach: Röll. (Jenaer indogermanistische Textbearbeitung; 1), S. 227.
Pfeifer, Wolfgang (Hg.) 1993:
Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2 Bde. 2., durchges. u. erg. Aufl.
Berlin: Akad. Verl., s.vv. Regen, rinnen.
Pokorny,
Julius 2002: Indogermanisches etymologisches Wörterbuch. 2 Bde. 4. Aufl. Bern,
Stuttgart: Francke,
s.v. 2. reĝ-, rek̂- (rek-
?).
Autorin: Bettina Bock