Etymologie

Schornstein

Das Wort Schornstein m. „Abzugskanal für Rauchgase über einer Feuerstätte“ ist in der althochdeutschen Fom scorrenstein in Handschriften des 13. Jh. überliefert. Die mittelhochdeutschen Formen sind schor-, schorn- und schür­stein, ferner gehören mndd. schorstēn, mndl. scorsten, scoorsten, ndl. Schoorsteen und mndl. sc(h)oorsteen dazu. Der Gebrauch ist v.a. auf Nord- und Mittel-/ Westdeutschland be­schränkt; in anderen Dialeten und Regiolekten finden sich die Synonyme Esse, Schlot, Kamin. Zugrunde liegt ein Determinativkompositum. Ursprünglich war dieses wohl die Bezeichnung für den Kragstein, der den Rauchfang über dem Herd trägt. Als pars pro toto wurde das Wort zur Bezeichnung für den kompletten Rauchabzug. Dane­ben findet sich die metonymische, von der räumlichen Nähe übertragene Verwendung im Sinne von „Feuerstelle, Herd, Ofen“, vgl. item jeder mann sall einen schornstein habenn jnn seinem haus (weisth. 1, 800 (Aspizheim 1491-1500), DWb s.v. Schornstein).
Das Bestimmungswort und Vorderglied des Kompositums ist mit mndd. schare, schore n. „festes Land, Stütze“/schōr(e), mndl. scōre, ndl. schoor „Stütze, Stützpfahl“ zu ver­binden. Verbaler Verwandter ist ahd. skorrēn „emporragen“ (um 800; vgl. ferner mhd. schor­ren „schroff hervor-, emporragen“, mndl. scōren „stützen“, ndl. schoren, aengl. scorian „hervorragen“), das wohl weiter mit scheren < uridg. *sker- „scheren, (schräg) ab­schneiden“ (vgl. ahd. skera, an. skera, aengl. sceran, afries. skera „scheren, ab­schneiden“) zu verbinden ist (vgl. auch die Etymologie von Schrank ebd.). Verbindendes Element könnte dabei <IST: schräg> sein, vgl. ‑schar in Pflugschar < ahd. scar st. m. (9. Jh.). Zum Hinterglied siehe Stein.
Be­nennungsmotiv für die Bezeichnung im Wortfeld „Haus“ ist also: <HAT: Kragstein>.

Duden: Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Hg.) 2000: Duden – Das große Wörterbuch. Mannheim: Verlag Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG. CD-ROM auf der Basis der 3., völlig neu bearb. und erw. Auflage der Buch-ausgabe in 10 Bänden (1999). Online unter: http://www.duden.de, s.v. Schornstein.
DWb: Grimm, Jacob/Grimm, Wilhelm 1854–1954: Deutsches Wörterbuch. Bd. 1–16 (und Quellenverzeichnis, 1971). Leipzig: Hirzel. (Nachdruck der Erstausgabe 1999: Bd. 1–33) München: Deutscher Taschenbuch-Verlag. Auch als CD-ROM 2004: Der digitale Grimm. Frankfurt am Main: Zweitausendeins. Auch unter: www.woerterbuchnetz.de.
Kluge, Friedrich 2002: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Begr. Friedrich Kluge, Bearb. Elmar Seebold. 24., durchges. und erw. Auflage. Berlin u.a.: de Gruyter, s.v. Schornstein
Pfeifer, Wolfgang (Hg.) 1993: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2 Bde. 2., durchges. u. erg. Aufl. Berlin: Akad. Verl., s.v. Schornstein.
Pokorny, Julius 2002: Indogermanisches etymologisches Wörterbuch. 2 Bde. 4. Aufl. Bern, Stuttgart: Francke, s.v. 4. (s)ker-.


Autorin: Bettina Bock