Steige
Stiege
f. "schmale Treppe, Leiter" und
Steige f. "kleine Treppe, Leiter" (mit ihren Vorgängern) sind älter als Treppe (siehe dort). Seit
ca. 1000 ist ahd. steiga (st. f.
[ō-St.]) und seit ca. 900 ahd. stiega (st. f. [ō-St.], sw. f. [n-St.] ?) belegt. Beide Substantive gehören zum Verbum steigen < uridg. *stei̯gh-e/o-. Ahd. steiga
basiert auf einem o-stufigen *stoi̯gh-eh2- (vgl.
auch got. staiga „Steig, Weg“, lett. staiga „Gang“) neben *stoi̯gh-o- (vgl. gr. stoĩkhos „Reihe“, alb. shteg „Pfad“). Auch ahd. stiega sollte aus semantischen Gründen
mit stei̯gh- verbunden
werden. Möglich wäre eine Vr̥ddhi-Bildung uridg.*stēi̯gh-eh2-, die allerdings keine Entsprechungen in einer anderen Sprache hat. Das zugrunde liegende Verbum ist urgerman. stīǥ-e/a- „steigen“ (got. steigan,
aengl. stīgan, afries. stīga, an. stíga, as., ahd. stīgan)
< uridg. *(s)tei̯gh-e/o- (gr.
steíkhō „steige, gehe,
marschiere“, air. tíagu „gehe, gehe
weg“). Für die Wurzel uridg. *(s)tei̯gh-
wird als Grundbedeutung „steigen; schreiten“ rekonstruiert. Als weitere Bildung ist ahd. stega < *stigh-ó-
(vgl. aisl. stigi m. „Stiege,
Leiter“, ags. stige „das Hinauf- oder
Herabsteigen“) hierher zu stellen. Ferner gehören dazu ahd. stiegal und stigilla sowie änhd. Steiger.
Das Benennungsmotiv basiert auf dem
prototypischen Merkmal <FUNKTION: Überwindung von Steigungen/Höhenunterschieden>.
Es findet sich im Übrigen auch bei der lateinischen Entsprechung scālae Pl. „Treppe“ : scandere „steigen“.
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Autorin: Bettina Bock