Etymologie

Streife

Streife f. „kleine Gruppe von Personen, kleine Einheit bei Polizei oder Militär, die Gän­­ge oder Fahrten zur Kontrolle, Erkundung durchführt“, spätmhd. streif m. „Streif­zug“. Erst im Frühneuhochdeutschen ist für streif(e) f. auch die Bedeutung „Ge­samt­­­heit der an einem Streifzug; Heerzug beteiligten Personen“ nachweisbar. Die alte Be­­deu­­tung „Streifzug“ liegt noch in den Kollokationen eine Streife machen, auf Strei­fe ge­hen „patrouillieren; kontrollieren“ vor. Die Einengung auf „Polizei-, Mili­tär­strei­fe“ erfolgt erst im 19. Jh. Spmhd. streif m. und frnhd. streife f. sind vom Verb streifen in der Bedeutung „umherziehen“ rück­gebildete Abstrakta. Das Verb streifen, mhd. streifen sw.v. 1. Kl. „(ab-)streifen, gleiten; ziehen, marschieren“, spätahd. nur als Präfixverb aba-streifen „häuten“ belegt (streifit diu hūt aba „streift die Haut ab“ glossiert lat. pellis exspoliatur; Köbler AhdWb s.v. aba-streifen), ist außerhalb des Deutschen nur nominal bezeugt: Dazu gehören mndl. strīpe f., frühmhd. strīfe m., fär. strípe f. „Streifen, Li­nie“ < urgerman. *strīpō- f. sowie das Adjektiv ahd. strīfaht, mhd. streifeht „gestreift (von Kleidern oder Tuch)“. Daneben steht mndl. strepe, nndl. streep „Streifen“ < urgerman. *stripi- (Kroonen 2013: 485). Urgerman. *strīp- und *strip- weisen auf eine ablautende uridg. Form *streib-/strib-, die möglicherweise noch in air. sríab ā, f. „Streifen, Linie“ mit der etwa gleich häufig bezeugten Variante ríab ā, f. „dss.“ < uridg. Transponat *(s)reb-eh2- vorliegt. Die altirische Form zeigt ein s-mobile, das -t- der germani­schen Formen muss – wie beispielsweise in dt. Strom – dann epenthetisch sein. Damit entfällt aber der bisher vermutete, lautlich schwierige Zu­sam­menhang mit mhd. Strahl m. (< urgerman. *strēla- < uridg. Transponat *streh1-lo‑) und seiner Sippe. Für das Altirische und das Germanische ergibt sich somit der Ansatz eines westidg. Substantivs *(s)reb-ah2- f. „Streifen, Linie“ < uridg. Trans­po­nat *(s)reb-eh2-. Das Bedeutungsverhältnis zwischen „Streifen“, „ab­strei­fen“ und „her­um­streifen“ hat zahlreiche semantische Parallelen, vgl. etwa dt. Strich „Li­nie“, (umher-)streichen „herumziehen, vagabundieren“ und das Komposi­tum Land­streicher „Vagabund“.

Literatur:
DIL = Dictionary of the Irish Language. Electronic version: http://www.dil.ie/. 
Köbler AhdWb = Köbler, Gerhard: Althochdeutsches Wörterbuch, 4 Auflage, online uter http://www.koeblergerhard.de/ahdwbhin.html. 
Kluge, Friedrich 2011: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Begr. Friedrich Kluge, Bearb. Elmar Seebold. 25., durchges. und erw. Auflage. Berlin u.a.: de Gruyter.
Kroonen, Guus 2013: Etymological Dictionary of Proto-Germanic, Leiden-Boston: Brill. 
Matasović, Ranko 2009: Etymological Dictionary of Proto-Celtic. Leiden & Boston: Brill.
Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Mit Benutzung des Nachlasses von Georg Friedrich Benecke ausgearbeitet von Wilhelm Müller und Friedrich Zarncke. 3 Bde. Leipzig 1854-1866. Online auch unter http://woerterbuchnetz.de/BMZ/
Matthias Lexer: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. 3 Bde. Leipzig 1872-1878.
Pfeifer, Wolfgang (Hg.) 1993: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2 Bde. 2., durchges. u. erg. Aufl. Berlin: Akad. Verl.
Rix, Helmut/Kümmel, Martin 2001: Lexikon der indogermanischen Verben: LIV; die Wurzeln und ihre Primärstammbildungen. Unter Leitung von Helmut Rix und der Mitarbeit vieler anderer bearb. von Martin Kümmel, Thomas Zehnder, Reiner Lipp, Brigitte Schirmer. 2., erw. und verb. Aufl., bearb. von Martin Kümmel und Helmut Rix. Wiesbaden: Reichert.
Vendryes, Joseph 1959–: Lexique étymologiques de l’irlandais ancien. Bd. 1–. Dublin: Inst. for Advanced Studies u.a. 

Autorin: Sabine Ziegler