Etymologie

Teller

Teller m. „Teil des Geschirrs von runder (flacher oder tieferer) Form, von dem Speisen gegessen werden“ ist seit mittelhochdeutscher Zeit belegt. Mhd. teller, teler, deller m., n. ist wie mndd. teller, telre, tellōr, mndl. taeljoor, teljuur aus afrz. (= frz.) tailloir „Vorlege-, Speiseteller, Tellerbrett; Hackbrett“ entlehnt. Zu­grun­de liegt das afrz. Verb taillier „(zer)schneiden, zerlegen, zuschneiden“ (frz. tailler). Dieses setzt spätlat. tāliāre „spalten, schneiden“ fort. Afrz. tailloir bezeichnet also den „Ort, an dem die Nahrung für die Mahlzeit zerschnitten wird“. Spätlat. tāliāre ist eine Ab­leitung von lat. tālea f. „dünnes abgeschnittenes Stück Holz, Holzbrett; Abschnitt; Setzling, junger Ast“ (Georges s.v.; bezeugt seit Cato). Nach de Vaan 2008: 605 ist das Wort ohne Etymologie.
Doch kann lat. tālea problemlos als Entlehnung aus griech. tēlía bzw. aus dor. tālía „Holzbrett, Teller; Bord“ angesehen werden. Die etymologischen Verknüpfungen bei Walde/Hofmann 761 sind semantisch weniger naheliegend und die Übersetzungen der als Vergleich herangezogenen Wörter teilweise unrichtig: Griech. tẽlis bedeutet „Fenchel“; tēletháō „gedeihen“ ist eine junge Nebenform zu griech. thállō „wachsen“ und kann aus lautlichen Gründen nicht zu lat. tālea gehören (griech. th < uridg. *dh), griech. tãlis „junge Frau“ ist nach EWAia I: 637 s.v. talśā- „eine Baumart“ als Vergleich semantisch „absurd“. 

Literatur:
De Vaan, Michiel 2008: Etymological Dictionary of Latin and the other Italic Languages. Leiden, Boston: Brill. (Leiden Indo-European Etymological Dictionary Series 7). 
Grimm, Jacob/Grimm, Wilhelm 1854–1954: Deutsches Wörterbuch. Bd. 1–16 (und Quellenverzeichnis, 1971). Leipzig: Hirzel. (Nachdruck der Erstausgabe 1999: Bd. 1–33) München: Deutscher Taschenbuch-Verlag. Auch als CD-ROM 2004: Der digitale Grimm. Frankfurt am Main: Zweitausendeins. Auch unter: www.woerterbuchnetz.de.
Kluge, Friedrich 2011: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Begr. Friedrich Kluge, Bearb. Elmar Seebold. 25., durchges. und erw. Auflage. Berlin u.a.: de Gruyter.
EWAia = Mayrhofer, Manfred 1992–2001: Etymologisches Wörterbuch des Altindoarischen. 3 Bde. Heidelberg: Winter.
Meyer-Lübke, Wilhelm: Romanisches etymologisches Wörterbuch, 1911, 6. Aufl. Heidelberg 1992. 
Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Mit Benutzung des Nachlasses von Georg Friedrich Benecke ausgearbeitet von Wilhelm Müller und Friedrich Zarncke. 3 Bde. Leipzig 1854-1866. Online auch unter http://woerterbuchnetz.de/BMZ/
Matthias Lexer: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. 3 Bde. Leipzig 1872-1878.
Pfeifer, Wolfgang (Hg.) 1993: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2 Bde. 2., durchges. u. erg. Aufl. Berlin: Akad. Verl.
Walde/Hofmann 1938: Walde, Alois / Johann Baptist Hofmann: Lateinisches Etymologisches Wörterbuch. Heibelberg: Winter. 

Autorin: Sabine Ziegler