Etymologie

Treppe

Das heute allgemein gebräuchliche Wort Treppe (älter trappe/treppe) f. „aus Stufen gebildeter Aufgang“ ist erst in mittel­hochdeutscher Zeit aufgekommen: under einer treppen (1170-1190; Eilh. 7297, Lexer s.v. trappe). Wahrscheinlich han­delt es sich um ein ursprünglich nieder- und mitteldeutsches Wort. Es ist wohl eine onomatopoetische Bildung, mit der zunächst das Geräusch des einzelnen Tritts beim Treppensteigen bezeichnet wurde. In diesem Kontext (frame) wurde dann der „Tritt“ metonymisch zur Bezeichnung der „Stufe“. Die Bedeutung „Tritt“ belegt das De­nomi­nativum trappeln (spätmhd./frnhd.; Lexer s.v. trappeln). Für die Bedeutung „Stufe“ vgl. die Glos­se vertinellum … tur-, tor-…rigel … thür trapp . thur trapptt und die Bedeutungs­angaben für lat. gradus „Stufe“, z.B. eyn trap an eyner stige (Diefenbach 1968 [1857]: s.v. gradus). Metonymisch – als pars pro toto wurde treppe als Holonym Bezeichnung der „Treppe“: Karle de trappe neder geinc (spätmhd.; Karlm. 103,4, Lexer s.v. trappe). Dieselbe metonymische Entwicklung Nomen actionis „Schritt, Tritt“ > Nomen loci „Stufe“ > Nomen instrumenti „Treppe“ zeigt lat. gradus, wobei die pars-pro-toto-Relation von „Stufe“ und „Treppe“ durch die Verwendung des Plurals für die „Treppe“ noch greifbar ist, vgl. gradus templorum „Stufen/Treppen der Tempel“ (Cicero, Ad Atticum 4,1,5), lapsus per gradus „die Stufen = die Treppe herun­ter­gefallen“ (Livius 8,6,2). Für die Konzeptmetonymie HANDLUNG > ORT DER HANDLUNG ist auch gr. bathmós „Stufe, Tritt; Schwelle“ : baínō „gehe“ ver­gleich­bar. Im süddeutschen Raum trat Treppe in Synonymen-Konkurrenz zu Stiege.
Ähn­lich wie Treppe ist wohl auch Trippel zu beurteilen. In frühneuhochdeutschen Be­le­gen zeigt das Wort zunächst eine Bedeutung „Aufsatz; Treppenabsatz“, vgl. hat er be­gert, das man ine ufschneiden, sein herz herausznemmen und das in den tripel des al­tars ... begrab, damit ime der priester, so mess halten, stettigs in celebrando uf dem her­zen stände (Zimm. chron. 4, 199 Barack; DWb s.v. 2trippel) und ain hoch stegen, die gieng vom hof hinauf ins haus ... es drangen die leut oben uf dem drippel ainander dermaszen, das etlich auser groser forcht under den eusersten freies willens dohinden übern trippel und ains tails auch beseits hinab in hof sprangen (Zimm. chron. 3, 6 Barack; DWb s.v. 2trippel). Wenn die Ausgangsbedeutung wie bei Treppe auch „Tritt“ war, könn­te das Wort mit dem onomatopoetischen Verb änhd. trippen „(mit kurzen Schritten) gehen“ (DWb s.v. 1trippen; vgl. nhd. trippeln) verbunden werden. Mithin läge wieder die Konzeptmetonymie HANDLUNG > ORT DER HANDLUNG vor, die Bedeutungsentwicklung „Stufe“ > „Treppe“ ba­siert erneut auf der Konzeptmetonymie TEIL-GANZES.
Das Wort hat Entsprechungen in afries. treppe „Stufe“, mndd. treppe, trappe, troppe „Treppe, Stufenleiter“, mndl. trapp, trap „Tritt, Leiterspros­se, Treppe, Leiter“. Zugrunde liegt eine onomatopoetische Wurzel wgerm. trapp-. Be­nennungsmotiv für die Grundbedeutung und die Bezeichnung im Wortfeld „Haus“: <FUNKTION: Trittmöglichkeit>.

Dieffenbach, Lorenz 1968 (1857): Glossarium latino-germanicum mediae et infimae aetatis. E codicibus manuscriptis et libris impressis concinnavit L.Diefenbach (nach einer Hs. vom Jahre 1470). Frankfurt 1857. (Supplementum lexici mediae et infimae latinitatis). [Neudr. Darmstadt 1968].
DWb: Grimm, Jacob/Grimm, Wilhelm 1854–1954: Deutsches Wörterbuch. Bd. 1–16 (und Quellenverzeichnis, 1971). Leipzig: Hirzel. (Nachdruck der Erstausgabe 1999: Bd. 1–33) München: Deutscher Taschenbuch-Verlag. Auch als CD-ROM 2004: Der digitale Grimm. Frankfurt am Main: Zweitausendeins. Auch unter: www.woerterbuchnetz.de.
Kluge, Friedrich 2002: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Begr. Friedrich Kluge, Bearb. Elmar Seebold. 24., durchges. und erw. Auflage. Berlin u.a.: de Gruyter, s.v. Treppe.
Lexer: Lexer, Matthias von 1992: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. Nachdruck der Ausg. Leipzig 1872–1878. Stuttgart: Hirzel. Auch in: Burch, Thomas/Fournier, Johannes/Gärtner, Kurt (Hgg.) 2002: Mittelhochdeutsche Wörterbücher im Verbund: CD-ROM und Begleitbuch. Stuttgart: Hirzel, 2002. Auch unter: www.woerterbuchnetz.de.
Lühr, Rosemarie 1988: Expressivität und Lautgesetz im Germanischen. Monographien zur Sprachwissenschaft 15. Heidelberg: Winter, 242 f.
Pfeifer, Wolfgang (Hg.) 1993: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2 Bde. 2., durchges. u. erg. Aufl. Berlin: Akad. Verl., s.v. Treppe.

Autorin: Bettina Bock