Etymologie

Zarge

Neben Zarge f. „Einfassung einer Tür- oder Fensteröffnung“ < ahd. zarga st. f. (ō-St.)?, sw. f. (n-St.)? „Seitenwand, Rand, Zarge“ (11. Jh.) „Seiteneinfassung, Seitenwand, Mauer, Umwallung“ stehen mndl. targe, taer­ge „Schild“, aengl. targe f., targa m. „kleiner Schild, Rundschild“ (vielleicht aus dem Alt­nordischen), anord. targa „Rundschild“. Das germanische Wort wird in der Be­deutung „Schild“ in die roman. Sprachen entlehnt, vgl. afrz., frz. targe, aprov., ital. tar­ga, span. tarja, mlat. targ(i)a. Eine Rückentlehnung aus afrz. targe ist mhd. tar(t)sche, tarze, mndd. tartze, tarce, tarse „kleinerer länglich runder Schild“, nhd. Tartsche f. Die germanischen Fortsetzer lassen sich auf urgerman. *tarǥō- f. zurück­führen. Als Grundbedeutung ergibt sich „Schild; Einfassung“. Außergermanisch am nächsten stehen aksl. po-dragъ m. „Rand, Saum“ und lit. dar̃žas „Garten“, lett. dā̀rz „Gar­ten, Hof, Einfriedung“. Diese Nominalbildungen weisen auf eine Wurzel *derghh-/dreghh-. Allen Nominalbildungen gemeinsam ist ein Bezug zum Rand, sei es als Merkmal <FUNKTION: Rand einer Sache>, sei es als Merkmal <HAT: Rand>. Die­ser Bezug fehlt bei einer Verbindung zur Wurzel uridg. *dregh- „(mit der Hand) fest­halten“; eine Grundbedeutung *„Rand, den man mit der Hand ergreift“ ist nicht beleg­bar. Auch ein Zusammenhang mit dem lautlich nahestehenden germ. *tarǥi̯an „ziehen, zerren“ (vgl. mndd. tergen, targen „zerren, reizen“) oder Fortsetzern von *dreĝh- „betrüben“ ist semantisch ausgeschlossen. Semantisch näher liegt dagegen die Ver­bindung mit ai. dŕ̥hyati „macht fest“, av. darǝzayeiti „bindet fest, fesselt“. Auszu­gehen wäre dann von einer Wurzelbedeutung „(mit Band) befestigen“, die Nominal­bildungen wären dann „das Befestigte, der befestigte Rand“.
Benennungsmotiv für die Grundbedeutung und die Bezeichnung im Wortfeld „Haus“ ist: <FUNKTION: fester Rand>.

Kluge, Friedrich 2002: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Begr. Friedrich Kluge, Bearb. Elmar Seebold. 24., durchges. und erw. Auflage. Berlin u.a.: de Gruyter, s.v. Zarge.
LIV: Rix, Helmut/Kümmel, Martin 2001: Lexikon der indogermanischen Verben: LIV; die Wurzeln und ihre Primärstammbildungen. Unter Leitung von Helmut Rix und der Mitarbeit vieler anderer bearb. von Martin Kümmel, Thomas Zehnder, Reiner Lipp, Brigitte Schirmer. 2., erw. und verb. Aufl., bearb. von Martin Kümmel und Helmut Rix. Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert-Verlag, *dregh-.
Pfeifer, Wolfgang (Hg.) 1993: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2 Bde. 2., durchges. u. erg. Aufl. Berlin: Akad. Verl., s.v. Zarge.
Pokorny, Julius 2002: Indogermanisches etymologisches Wörterbuch. 2 Bde. 4. Aufl. Bern, Stuttgart: Francke, s.vv. *dergh-, *dhereĝh-.

Autorin: Bettina Bock