Fisch
Ahd. fisc m., mhd.visch, nhd. Fisch geht mit as. fisk, mnd. visch, ae. fisc, aisl. fiskr, got. fisks u.a. auf urgerm. *fiska- m. zurück (für weitere Fortsetzer vgl.EWA 2007: 319). Diese Vorform lässt sich außergermanisch mit lat. piscis m. "Fisch" < *piski- und, mit anderer Ablautstufe, air. íasc "Fisch" < *pei̯s-ko- vergleichen. Es handelt sich demnach um eine germanisch-lateinisch-keltische Isoglosse.
Für das Urindogermanische lässt sich kein gemeinsames Wort für "Fisch" rekonstruieren (EWA 2007: 319; Mallory/Adams 1997: 204ff.); da die Indogermanen vorwiegend Viehzüchter waren, dürfte der Fisch auch nur eine periphere ökonomische Rolle gespielt haben. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es eine merkmalsbasierte biologische Definition erst in der Neuzeit gibt; es ist also fraglich, ob es überhaupt einen zusammenfassenden Begriff für "Wassertiere" gegeben hat. Immerhin zeigt das Beispiel Lachs, dass sich Bezeichnungen für einzelne Arten durchaus bis in die Einzelsprachen halten konnten (dazu Tischler in RGA 9, 1995, s.v. Fische).
Für die Etymologie des vorurgerm. vorurkelt. vorurital. "Fisch"-Wortes kommen mehrere Benennungsmotive in Frage, die in der Forschung auch alle schon in Erwägung gezogen wurden, ohne dass es bislang eine allgemein akzeptierte Erklärung gäbe. So wurde der Anschluss an idg. *pei̯ḱ- "bunt, farbig" erwogen (vgl. EWA 2007: 320f. mit der älteren Literatur). Der Fisch wäre demnach "der Gesprenkelte", aber dieses Benennungsmotiv passt nur für einige Fischarten, z.B. die Forelle, und man müsste dann schon rein spelulativ annehmen, dass die Benennung für eine gesprenkelte Fischart sehr früh generalisiert worden sei.
Anders ist die Erklärung von Seebold 1985 (mehrfach wiederholt, so auch in Kluge/Seebold 2011: 297), nach der das Wort mit ai. pitú- "Nahrung", aksl. pišta "Nahrung", lit. piẽtus "Mittagsmahl", air. ith "Getreide" zu verknüpfen sei, die alle zu einem s-stämmigen Subst. idg. *pei̯tos "Nahrung" zu einer Verbalwurzel *pei̯t- "nähren" gehörten. Der "Fisch" sei demnach als *pei̯ts-ko-/pits-/ko/i- ursprünglich die "Zukost zum Brot", was eine Parallele in ngriech. psári "Fisch" < ntl. griech. opsárion "Zukost, Fische" habe. Aber anders als in Griechenland deutet für Kontinentalgermanien nichts auf eine zentrale Bedeutung der Fischnahrung, und die postulierte Verbalwurzel existiert vermutlich auch nicht; sie ist jedenfalls im LIV 1998 nicht gebucht.
Für weitere unplausible Vorschläge vgl. EWA 2007: 321f.
Das Benennungsmotiv für das "Fisch"-Wort bleibt demnach im Dunkeln.
Lit.
EWA 2007: Albert L. Lloyd/Rosemarie Lühr, Etymologisches Wörterbuch des Althochdeutschen Band III: fadum - fûstslag, Göttingen: Vandenhoeck &Ruprecht.
Kluge/Seebold 2011: Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, bearbeitet von Elmar Seebold, 25. Auflage, Berlin: de Gruyter.
LIV 1998: Helmut Rix u.a., Lexikon der indogermanischen Verben. Die Wurzeln und ihre Primärstammbildungen, Wiesbaden: Reichert Verlag.
Mallory/Adams 1997: James P. Mallory, Douglas Q.Adams, Encyclopedia of Indo-European culture, London/Chicago: Fitzroy Dearborn Publishers.
RGA: Johannes Hoops/Heinrich Beck, Reallexikon der germanischen Altertumskunde, Berlin: de Gruyter, 1973ff.
Seebold 1985: Elmar Seebold, "Das Benennungsmotiv der Wörter für 'Fisch' in den idg. Sprachen", in: Sprachwissenschaftliche Forschungen. Festschrift für J. Knobloch. Innsbruck, 1985, 443-451.