Gangster
Gangster m. „Schwerverbrecher“ ist eine in Amerika
entstandene englische Ableitung des ebenfalls englischen Wortes gang
„Bande von Verbrechern“. In der deutschen Sprache ist das Wort gang seit dem späten
19. Jh. bezeugt, der früheste ermittelbare Beleg stammt von Clemes Brentano (siehe die Etymologie von Gang). Als erster englischer (amerikanischer) Beleg kann
nach OED s.v. gangster eine Reportage in der Cincinnati Commercial
Gazette aus dem Jahre 1884 gelten. Engl. gang ist seit dem 16. Jh.
zuerst regional als Bezeichnung für „Gruppe, Zusammenschluss von Menschen“
bezeugt, seit Anfang des 18. Jh.s dann auch speziell „organisierte
Gruppe von Verbrechern“. Das Wort engl. gang gehört zu ahd. gang,
aisl. gangr, afries. gång, gung, mndl. gang, got. gagg,
alle „Gang, Gehen, Bewegung, Schritt, Weg“ und somit etymologisch zur uridg.
Wurzel *ĝhengh- „gehen, schreiten“, die mit uridg. *ĝheh1-
„zurücklassen“ oder eher *gheh1- „kommen,
erreichen“ ein Suppletivparadigma nhd. gehen (ahd. mhd. gān, gēn,
< *gheh1-) ging, gegangen (<*ĝhengh-)
bildet. Neben der n-haltigen Form steht gehen,
ahd. mhd. gān und gēn. Die Bedeutungsübertragung von „Gang“ auf
„Gruppe von gemeinsam Gehenden“ ist nur in einigen nördlichen Regiolekten des
frühen Neuenglischen eingetreten; es liegt ein seltener Fall einer semantischen Entwicklung
ABSTRAKT > KONKRET vor. Aufgrund der Beleglage ist es denkbar, dass im
Nordenglischen eine semantische Angleichung an irische bzw. schottische Wörter
wie aidbden u, f. „Gehen, Gang, Führen; Bande, Truppe“, dírimm i,
f. „Kurs, Gang, Weg; Angriff; Bande, Truppe, Schar“, immirge iā, f.
„Gehen, Gang, Wanderung; Truppe, Schar“
oder am ehesten fían ā, f. „Jagen, Laufen; Kriegerschar, Truppe“
stattgefunden hat, in denen sich jeweils ausgehend von einen femininen Verbalabstraktum
„das Gehen, das Laufen o.ä.“ jeweils ein Konkretum „Gruppe von Leuten, die in
dieser Handlung vereint sind“ entwickelte. Ir. fían (Pl. fianna) ist dabei ein sehr prominentes Wort, das durchaus
als Vorbild für das Englische gedient haben mag, da es auch häufig – wie etwa
das irisch-schottische Wort clan – im Namen der Kriegergemeinschaft
verwendet wurde, z.B. in fianna Find „Finns Bande“, fianaib
(D.Pl.) Maic Con „mit den Truppen des Mac Con“.
Literatur:
Dictionary of the Irish Language. Electronic version: http://www.dil.ie/.
Lloyd, Albert L./Lühr, Rosemarie 1988–: Etymologisches Wörterbuch des Althochdeutschen. Bd. 1–. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Oxford English Dictionary. www.oed.com.
Rix, Helmut/Kümmel, Martin 2001: Lexikon der indogermanischen Verben: LIV; die Wurzeln und ihre Primärstammbildungen.
Unter Leitung von Helmut Rix und der Mitarbeit vieler anderer bearb.
von Martin Kümmel, Thomas Zehnder, Reiner Lipp, Brigitte Schirmer. 2.,
erw. und verb. Aufl., bearb. von Martin Kümmel und Helmut Rix.
Wiesbaden: Reichert.
Autorin: Sabine Ziegler