Etymologie

Schwelle

Schwelle f. „hölzener oder steinerner Trittbereich zwischen den aufrechten Seiten des Türrahmens“ geht auf ahd. swelli st. n. (ja-St.) „Türschwelle, Fußgestell, Sockel“ (8. Jh.), swella st. f. ([j]ō-St., Hs. 13. Jh.), mhd. swelle f./n. „Balken zum Hemmen, Schwellen des Wassers“ zurück. Jünger ist die übertragene Bedeutung „Grenze, Übergang“, vgl. Reiz­schwelle. Mit anderer Ablautstufe gehören zu den deutschen Wörtern: anord. syll, svill f., schw. syll, aengl. syll, sylle f., engl. sill, mndd. sul(le), sille m., sülle m./f., mndl. sulle, sille, vgl. ferner anord. svalar Pl. „Balkon“. Als Ausgangsbasis ergeben sich: urgerman. *swallja-/*swelljō-/*sulljō-. Verglichen wird gr. selίs, -ídos f. „Quer­balken eines Gebäudes, Schiffes, Querstück, Querwand, in die Quere laufende Bank- oder Sitzreihe im Theater“ und (mit m-Suffix) gr. sélma n. „Deck-, Ruderplanke, Ruder­bank, Verdeck, Gerüst“ (ob as. selmo m. „Lager, Bett“, aengl. sealma m. „hölzernes Bettgestell, Bett“ hierher gehören, ist unklar; möglich ist auch ein Zusammenhang mit *sel- „wohnen“, vgl. zur Wurzel Saal ebd.). Ausgangspunkt wäre dann eine Wurzel uridg. *su̯el(H)- „Balken, Brett, aus Stämmen oder Brettern Verfertigtes“, wozu die Ab­leitungen mit ja-/jō-Suffix als Zugehörigkeitsbildungen „mit Balken Versehenes“ zu bestimmen sind (Krahe/Meid 1967: 72).
Möglicherweise gehört auch Säule f. (die neuhochdeutsche Form ist aus dem Plural rückgebildet) < ahd. sūl st. f. (i-St.)„Pfeiler“ (8. Jh.), mhd. sūl, dazu. Zugrunde liegt diesem Wort germ. *sūli(z)- f. „Säule“, vgl. auch anord. súl, aengl. syl, afr. sēle, nndl. zuil, got. sauls f. Eine Verbindung mit Schwelle ist nur mög­lich, wenn neben *su̯elH- eine Wurzelvariante mit Laryngalmetathese steht: *sulH- : *suHl- und mit Vollstufe *seu̯Hl- als Ausgangsbasis für die gotische Form. *suHl- er­laubt auch einen weiteren außergermanischen Anschluss: gr. hū́lē f. „Wald; Holz, Bau­holz“. Der germanische Wortbildungstyp mit Suffix ‑iz- scheint eine verbale Aus­gangsbasis nahezulegen (vgl. Krahe/Meid 1967: 131 f.), doch findet sich keine semantische passende Verbal­wurzel (abzulehnen ist damit auch der Zusammenhang mit *su̯el- „schwelen“, den Beekes erwägt).
Benennungsmotiv für Schwelle „Türschwelle“ ist: <IST: Balken>.

Beekes, Robert S.P. 2009: Etymological Dictionary of Greek. Amsterdam: Brill, s.v. ὕλη.
Kluge, Friedrich 2002: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Begr. Friedrich Kluge, Bearb. Elmar Seebold. 24., durchges. und erw. Auflage. Berlin u.a.: de Gruyter, s.v. Schwelle.
Krahe, Hans/Meid, Wolfgang 1967: Germanische Sprachwissenschaft. Bd. 3: Wortbildungslehre. Berlin: de Gruyter.
Pfeifer, Wolfgang (Hg.) 1993: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2 Bde. 2., durchges. u. erg. Aufl. Berlin: Akad. Verl., s.vv. 1Säule, Schwelle.
Pokorny, Julius 2002: Indogermanisches etymologisches Wörterbuch. 2 Bde. 4. Aufl. Bern, Stuttgart: Francke, s.v. 2. sel-.

Autorin: Bettina Bock