Etymologie

Strahler

Strahler ist ein Nomen agentis mit dem Suffix -er von dem schw. Verb strahlen, das wiederum von dem Subst. Strahl m. abgeleitet ist. Das mask. Genus ist entweder von dem bedeutungsgleichen Wort Pfeil übernommen worden (vgl. DWb s.v. Strahl), dann wahrscheinlich im Mhd: Dort gibt es sowohl fem. strâle als auch mask. strâl "Pfeil, Geschoss; Blitzstrahl") oder es ist schon alt; es fehlt zwar im Ahd. (dort nur fem. strāla "Pfeil, Spieß, Lanze; (Blitz)strahl"), doch das aengl. stræl m. erweist ein höheres Alter des Mask.
Das Subst. Strahl bedeutete ursprünglich "Geschoss, Pfeil, Spieß" und "Blitzstrahl". Die Bedeutung "Blitzstrahl" stammt aus der Vorstellung, dass die Götter Blitzstrahlen als Pfeile schossen, z.B: Jupiter dich mit sîner strâle tôtet (Albr. 5, 12, nach BMZ). Aus dem Leuchten des Blitzes und der Geradlinigkeit geworfener Pfeile und Lanzen ergab sich dann die nhd. Bedeutung als "(gerader, gleichförmiger) Lichtstrahl" und für das davon abgeleitete Verb strahlen die Bedeutung "leuchten".
Mit dt. Strahl, ahd. strāla f. vergleicht man asächs. strāla f. "Pfeil, Blitzstrahl", aengl. strǣle f. und strǣl m. "Pfeil, Blitzstrahl", die auf wgerman. *strǣlō- fem. und *strǣla- m. weisen. Auch im nordgerman. sind Fortsetzer bezeugt: norw. dial. straal "kleiner Fischschwarm, der sich von einem Hauptschwarm abzweigt" und davon das Verb straala "sich in kleine Schwärme aufteilen". Diese Wörter zeigen das zugrundeliegende Benennungsmotiv: blitzartig, schnell und in direkter Linie sich von etwas ausbreiten bzw. wegschnellen. Außergermanisch lassen sich aksl. strĕla f. und lit. strėlà f. "Geschoss, Pfeil" zum Vergleich heranziehen. Sie deuten auf eine uridg. Vorform *s(t)reh1-lah2- f. "Pfeil, Geschoss, Blitzstrahl". Die Wurzel muss als uridg. *sreh1- oder *streh1- angesetzt werden. Im Nhd. bezeichnet das Wort Strahler die Augen der Tiere: Schon im Mhd. wurde strahlen auch von glänzenden Augen gesagt: Änhd: jungfrau Anna, die schoß die hellglänzenden stralen von ihrer augen sonn (Zincgref auserl. Ged. 28; 1624) Mhd: und strâle ûʒ spilnden ougen schieʒe in mannes herzen grunt (Walther v.d. Vogelweide 27, 26, BMZ).

Literatur:
Goebel, Ulrich/Reichmann, Oskar 1986–: Frühneuhochdeutsches Wörterbuch. Begr. von Robert R. Anderson, Ulrich Goebel, Oskar Reichmann. Bd. 1–. Berlin u.a.: de Gruyter.
Grimm, Jacob/Grimm, Wilhelm 1854–1954: Deutsches Wörterbuch. Bd. 1–16 (und Quellenverzeichnis, 1971). Leipzig: Hirzel. (Nachdruck der Erstausgabe 1999: Bd. 1–33) München: Deutscher Taschenbuch-Verlag. Auch als CD-ROM 2004: Der digitale Grimm. Frankfurt am Main: Zweitausendeins. Auch unter: www.woerterbuchnetz.de.
Kluge, Friedrich 2011: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Begr. Friedrich Kluge, Bearb. Elmar Seebold. 25., durchges. und erw. Auflage. Berlin u.a.: de Gruyter.
Köbler AhdWb = Köbler, Gerhard: Althochdeutsches Wörterbuch, 4 Auflage, online uter http://www.koeblergerhard.de/ahdwbhin.html. 
Kroonen, Guus 2013: Etymological Dictionary of Proto-Germanic, Leiden-Boston: Brill.
Lloyd, Albert L./Lühr, Rosemarie 1988–: Etymologisches Wörterbuch des Althochdeutschen. Bd. 1–. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Mayrhofer, Manfred 1992–2001: Etymologisches Wörterbuch des Altindoarischen. 3 Bde. Heidelberg: Winter.
BMZ = Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Mit Benutzung des Nachlasses von Georg Friedrich Benecke ausgearbeitet von Wilhelm Müller und Friedrich Zarncke. 3 Bde. Leipzig 1854-1866. Online auch unter http://woerterbuchnetz.de/BMZ/
Matthias Lexer: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. 3 Bde. Leipzig 1872-1878.
Pfeifer, Wolfgang (Hg.) 1993: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2 Bde. 2., durchges. u. erg. Aufl. Berlin: Akad. Verl.
Rix, Helmut/Kümmel, Martin 2001: Lexikon der indogermanischen Verben: LIV; die Wurzeln und ihre Primärstammbildungen. Unter Leitung von Helmut Rix und der Mitarbeit vieler anderer bearb. von Martin Kümmel, Thomas Zehnder, Reiner Lipp, Brigitte Schirmer. 2., erw. und verb. Aufl., bearb. von Martin Kümmel und Helmut Rix. Wiesbaden: Reichert.
 
Autorin: Sabine Ziegler